Mit oder ohne Masse, das ist hier die Frage – wie Sie Ihren Tastkopf anschließen

Serielle Hochgeschwindigkeits-Schnittstellen senden Daten oftmals mit differenzieller Signalübertragung. In diesem Fall ist der Zugriff auf die Signalleitungen mit Differenzialtastköpfen möglich. Zusätzlich zu den differenziellen Eingängen verfügen diese Tastköpfe über einen Masseanschluss.

Beim Anschließen der R&S®RT-ZMxx modularen Multimode-Tastköpfe ist eine wichtige Frage, ob die Tastkopfmasse (GND) mit dem Prüfling (DUT) verbunden werden soll oder nicht.

Lösung von Rohde & Schwarz

Das R&S®RTP High-Performance-Oszilloskop ist eine ideale One-Box-Lösung zum Testen digitaler Hochgeschwindigkeitsschnittstellen. Die R&S®RT-ZMxx modularen Tastköpfe machen es zusammen mit einer großen Auswahl an Tastkopfspitzen (R&S®RT-ZMAxx) und Zubehör leicht, unter anspruchsvollen Bedingungen zuverlässige mechanische und elektrische Verbindungen herzustellen und auf Datensignale zuzugreifen.

Bild 1: Einlötbare Tastkopfspitze R&S®RT-ZMA10
Bild 1: Einlötbare Tastkopfspitze R&S®RT-ZMA10
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Anwendung

Beim Testen digitaler Hochgeschwindigkeitsschnittstellen spielt der Schaltungsaufbau eine entscheidende Rolle für die Messungen. Die erste Frage ist, ob Sie ein Datensignal vom Host zum Gerät (oder umgekehrt) analysieren möchten oder es um einen Konformitätstest geht. Bei der Analyse eines Datensignals vom Host zum Gerät kann ein R&S®RT-ZM160 Tastkopf zum Abgreifen des Live-Signals verwendet werden. Für Konformitätstests dagegen ist ein standardkonformer Prüfadapter erforderlich, der mit Standard-50-Ω-Zubehör (Kabel, Stecker, Balun, ...) den Signalzugriff ermöglicht.

Diese Application Card befasst sich mit der Datensignalanalyse für ein herkömmliches USB 3.2 Generation 1 Flash-Speicher-Laufwerk. Nach Überprüfung aller Parameter wie Bandbreite, Betriebsspannungsfenster und Belastung benötigen Sie neben dem R&S®RT-ZM160 eine R&S®RT-ZMA10 Tastspitze. Löten Sie die Tastspitze (siehe Bild 1) mit P, N, GND an die USB-Schnittstelle des Flash-Speicherlaufwerks (TX-Port) und verbinden das Flashlaufwerk mit einem Desktop-Rechner.

Bild 2: Augendiagramm des Differenzsignals nach Anschluss von P, N, GND
Bild 2: Augendiagramm des Differenzsignals nach Anschluss von P, N, GND
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Überprüfen Sie zunächst die Integrität des Differenzsignals (DM-Modus) mit einem Augendiagramm-Test (siehe Bild 2). Das Augendiagramm offenbart hier einige Probleme. Das Auge zeigt einen hohen Jitter, obwohl das Gerät direkt am Sender angeschlossen ist, und der Q-Faktor ist niedrig. Außerdem weist das Differenzsignal einen Offset auf und ist nicht symmetrisch um 0 V.

Untersuchen Sie zunächst das Gleichstromproblem und finden heraus, warum das Differenzsignal eine Vorspannung aufweist. Stellen Sie einen Breitentrigger (1 ns) ein, um fünf Bits der gleichen Polarität für das häufig auftretende SKP-Zeichen (K28.1) zu erfassen. Nun werden die Messkurven für das Differenz- und Gleichtaktsignal, p und n erfasst (siehe Bild 3). Das ProbeMeter und eine Mittelwert-Messung für das Gleichtaktsignal wurden aktiviert, um die Gleichstromparameter zu testen.

Bild 3: Aufteilung des Signals in einen Differenz- (R1), einen Gleichtakt- (R2), einen P- (R3) und einen N-Anteil (R4)
Bild 3: Aufteilung des Signals in einen Differenz- (R1), einen Gleichtakt- (R2), einen P- (R3) und einen N-Anteil (R4)
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Sie werden feststellen, dass die p- und n-Kurve grob symmetrisch zur Gleichtaktkurve sind. Dies wirft zwei Fragen auf. Erstens: Wenn p und n symmetrisch um einen Gleichstromwert sind (Gleichtaktsignal in Grün), sollte die Differenzkurve symmetrisch um 0 V sein, da der Gleichstromwert herausfällt. Zweitens: Der Gleichtaktwert (6 mV) des ProbeMeters und der Wert (137 mV) der Mittelwert-Messung für das Gleichtaktsignal stimmen nicht überein. Überprüfen Sie daher die gesamte Schaltung, auch abgesehen von den üblichen Hochgeschwindigkeitsleitern. Die Untersuchung der Stromversorgungsverbindungen (siehe Bild 4) kann ebenso hilfreich sein wie die Verwendung eines Digitalmultimeters zur Überprüfung des Widerstands zwischen der leicht zugänglichen USB-Abschirmung und der Oszilloskop-Masse von weniger als 10 mΩ bei abgeklemmtem Tastkopf.

Der Desktop, das USB-Flashlaufwerk und das Oszilloskop mit dem R&S®RT-ZM Tastkopf sind im Ersatzschaltbild dargestellt (siehe Bild 4). Die relevante Versorgungsspannung, d. h. die USB-Busspannung (VDD 5 V), ist zusammen mit den USB-Highspeed-RX- und TX-Anschlüssen dargestellt. Die Widerstandswerte der Versorgungsleitungen (RE, Rshield, RT, RC) werden zusammen mit den Versorgungsspannungen eingeführt.

Bild 4: Ersatzschaltung
Bild 4: Ersatzschaltung
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REsteht für die Widerstandslast der Schutzerde (< 10 mΩ). Rshieldist der Abschirmungswiderstand des Tastkopfkabels (etwa 30 mΩ). RTist der Leiterwiderstand des Hosts (max. 167 mΩ) und RCist der Widerstand des eingesteckten Steckers (max. 30 mΩ). Sowohl für RTals auch RCsind in der USB 3.2-Spezifikation in Kapitel 11.4.2 Maximalwerte festgelegt (siehe Tabelle unten). RT und RCbilden zusammen mit REund Rshieldeinen Stromteiler für den Massestrom im USB-Flashlaufwerk, wenn der blau dargestellte Masseanschluss in der Tastspitze verbunden ist. Im Folgenden wird der Einfluss des Netzes abgeschätzt, und es wird davon ausgegangen, dass im konkreten Fall ein Drittel des zulässigen Maximalwerts für RTund RCerreicht werden. Dies bedeutet, dass die Werte ungefähr denen von REoder Rshieldentsprechen.

Der signifikante Gleichstrom ist mit IVDDbezeichnet und fließt durch die Koaxialabschirmung des Tastkopfs. Unter der Annahme, dass aus den Daten des USB-Treibers ein Versorgungsstrom von 500 mA entnommen wird, wird der Strom durch den Tastkopf und das Oszilloskop auf 300 mA geschätzt, woraus sich ein IR-Abfall von 9 mV entlang der Abschirmung des Tastkopfkabels ergibt.

Da der Verstärker in der Tastkopfspitze auf die lokale Masse und der Oszilloskopeingang auf die gemeinsame Masse bezogen ist, beträgt der Potenzialunterschied zwischen der Spitze und dem Gehäuse 9 mV. Dies mag gering erscheinen, aber der Tastkopf dämpft je nach vertikaler Skala mit 10:1 oder 2:1. Hier multipliziert die Software alle Spannungen von den Eingängen mit angeschlossenem Tastkopf mit dem Kehrwert der Dämpfung, und aus 9 mV Differenz werden bei 10:1-Dämpfung 90 mV.

Dieser Effekt schlägt sich im Differenzsignal nieder, da das Signal im Tastspitzenverstärker von einem Differenzsignal in ein massebezogenes Signal umgewandelt wird, wobei der lokale Massebezug des Tastkopfs und die 9 mV-Potentialverschiebung später hinzugefügt werden.

Ein weiterer Nebeneffekt ist, dass der Analog-/Digitalwandler (ADC) im Oszilloskop-Signalpfad auf die gemeinsame Masse bezogen ist, während der ADC im ProbeMeter auf die lokale Masse des Prüflings bezogen ist. Daraus erklärt sich der beobachtete Unterschied der Gleichtaktspannungen (6 mV gegenüber 137 mV).

Maximaler USB-Versorgungswiderstand
Host-Leiter-Widerstand RT 167 mΩ
Widerstand des eingesteckten Steckers RC 30 mΩ
Kabelwiderstand RW 190 mΩ
Bild 5: Augendiagramm des Differenzsignals nach Entfernen der Masseverbindung von der Tastspitze
Bild 5: Augendiagramm des Differenzsignals nach Entfernen der Masseverbindung von der Tastspitze
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Lösung

Die Lösung ist einfach. Nachdem Sie sich im Datenblatt vergewissert haben, dass das Betriebsspannungsfenster groß genug ist, entfernen Sie die Masseverbindung von der Tastspitze am USB-Gerät. Es fließt kein Strom mehr über die Abschirmung und der IR-Abfall beeinflusst die Messung nicht. Das neue Augendiagramm ist zufriedenstellend: Es gibt keinen Gleichspannungsoffset mehr und die meisten Parameter für die Augenmessung haben sich verbessert (siehe Bild 5). Das ProbeMeter und eine Gleichtakt-(R2)-Mittelwertmessung liefern nun ebenfalls vergleichbare Werte.

Beachten Sie, dass diese Lösung speziell für diesen Aufbau gilt Andere Aufbauten funktionieren möglicherweise nicht, wenn die Masse der Tastspitze abgeklemmt ist, insbesondere die Messungen im CM-, N- und P-Modus. Beachten Sie auch, dass diese Situation nicht speziell die USB-Technologie betrifft. Wenn Sie dasselbe USB-Flashlaufwerk mit der Tastkopfspitze an einen Laptop oder ein anderes Gerät mit eigener Stromversorgung anschließen, liegt eine andere Situation vor, und es ist eine Masseverbindung erforderlich, da es nicht möglich ist, über die Schutzerde eine Masseschleife herzustellen.

Dieser Aufbau wurde hauptsächlich durch Gleichstrom gestört. Die induktive Belastung durch die Stromversorgungsleitung wurde nicht berücksichtigt, könnte aber bei anderen Aufbauten relevant sein.

Zusammenfassung

Das R&S®RTP Oszilloskop und ein modularer Tastkopf wie der R&S®RT-ZM160 eignen sich hervorragend zum Abgreifen und Analysieren von digitalen Hochgeschwindigkeitssignalen. Darüber hinaus kann die Kombination zum Debuggen von Leitungseinspeisungen und Masseschleifen mit den ProbeMeter- und Tastkopf-Modi verwendet werden, die von Gegentakt- auf Gleichtaktmessungen umschalten können. Es gibt keine allgemeingültige Lösung – Sie müssen die Massekonfiguration von Fall zu Fall prüfen und dann die notwendigen Schritte ergreifen, um die richtige Lösung für Ihre Anforderungen zu finden.