© Doppelmayr Seilbahnen GmbH

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Mobilität der Zukunft mit LANCOM

In La Paz in Bolivien nutzt man statt des Autos lieber die Seilbahn. WLAN-Komponenten von LANCOM Systems sorgen dafür, dass die 300 000 täglichen Fahrgäste auch sicher ankommen

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Am 13.05.2024 aktualisiert 🛈
Erstmalig am 30.09.2020 veröffentlicht

Die Metropolen der Welt ersticken im Verkehrschaos. La Paz bildet da keine Ausnahme. Gut 2 Millionen Menschen leben im Großraum der Stadt. Der Regierungssitz Boliviens liegt auf atemberaubender Höhe zwischen 3000 und 4100 Metern inmitten der Anden. Dicht an dicht drängen sich rote Backsteinhäuser in einem Talkessel und schmiegen sich an steile Hänge. Richtung Westen mischt sich Betongrau in das Ziegelrot. Dort oben auf dem Altiplano-Plateau, 4100 Meter über dem Meeresspiegel, wo die Luft noch dünner ist, geht La Paz nahtlos in die Schwesterstadt El Alto über.

In der einstigen Arbeitersiedlung wohnen fast eine Million Menschen. „Die Höhe“, wie El Alto auf Deutsch heißt, ist großteils eine Schlafstadt. Zur Arbeit zu gehen oder Behördengänge zu machen heißt häufig: hinunter nach La Paz. In der Vergangenheit bedeutete dies, bis zu zwei Stunden auf der Straße zu verbringen – entweder in überfüllten Minibussen oder im Auto, Stoßstange an Stoßstange im Stau. Aufgrund der topografischen Lage gibt es nur wenige breite Hauptstraßen zwischen La Paz und El Alto. Angesichts der enormen Gefälle ist der Bau einer U-Bahn technisch nicht möglich.

„Colours of La Paz“ – Pendeln in bunten Gondeln

Alternativ kam in La Paz als öffentliches Verkehrsmittel eine Seilbahn infrage. So schweben seit 2014 bunte Gondeln über das Häusermeer der Stadt, geräuschlos und emissionsfrei. Die roten, grünen, hellblauen, dunkelblauen, gelben, orangefarbenen, violetten, kaffeebraunen, weißen und silbernen Kabinen gehören zu Mi Teleférico, dem weltweit höchst gelegenen urbanen Seilbahnnetz, das mit inzwischen über 30 Kilometern auch das längste ist.

Die derzeit zehn Linien von Mi Teleférico umfassen 26 Stationen und verbinden El Alto und La Paz sowie den nördlichen und südlichen Teil von La Paz. Allein die Strecke zwischen den beiden Schwesterstädten lässt sich im Vergleich zu Bus oder Auto in einem Bruchteil der Zeit zurücklegen. Während man 65 Meter oder mehr über dem Boden schwebt, kann man ganz entspannt das Bergpanorama genießen. An klaren Tagen scheint der schneebedeckte Illimani, der rund 6400 Meter hohe Hausberg von La Paz, zum Greifen nah.

Mit ihren leuchtenden Farben passen die Gondeln von Mi Teleférico gut zum Stadtbild und der Kultur in La Paz. © Doppelmayr Seilbahnen GmbH

WLAN-Lösung sorgt für Sicherheit

Bei dem luftigen Beförderungsmittel handelt es sich um eine sogenannte Einseilumlaufbahn, die vom österreichischen Seilbahnspezialisten Doppelmayr stammt. In den knapp 1400 Kabinen haben jeweils bis zu zehn Personen Platz. Jeden Tag werden mehr als 300 000 Fahrgäste transportiert, an Rekordtagen doppelt so viel. Damit diese sicher, zuverlässig und bequem ans Ziel kommen, wurde die Seilbahn mit einem hochmodernen Kommunikationssystem ausgestattet. Dieses entwickelte und implementierte Loop21, ein Partner der Rohde & Schwarz-Tochtergesellschaft LANCOM Systems. LANCOM Systems hat die für den Datenverkehr erforderlichen WLAN-Komponenten geliefert.

Doppelmayr, Loop21 und LANCOM Systems haben bereits zahlreiche Seilbahnprojekte im alpinen Bereich gemeinsam realisiert. So funken etwa das WLAN der Penkenbahn im Zillertal und das der Hochkönig-Bergbahnen in den Berchtesgadener Alpen mit WLAN-Lösungen von LANCOM Systems. „Als Teil des öffentlichen Verkehrsnetzes muss das WLAN einer urbanen Seilbahn noch mal deutlich mehr können als das einer Seilbahn in den Alpen“, erklärt Michael Müller, Vice President WLAN und Switches bei LANCOM Systems. „Die WLAN-Infrastruktur wird nämlich nicht nur für die Bereitstellung eines Internet-Hotspots für die Fahrgäste genutzt, sondern auch für eine Vielzahl sicherheitsrelevanter Funktionen.“ Dazu gehören Sprechanlagen in den Kabinen, über die Informationen geliefert und Notrufe abgesetzt werden können, Videoüberwachung entlang der Strecke und die Überwachung von Stützen und Rollenbatterien. Dies alles ist nur mit einer durchgängigen WLAN-Versorgung möglich.

Seilbahn in La Paz funkt mit Access Points von LANCOM

Kernstück der WLAN-Lösung des Seilbahnnetzes in La Paz sind sogenannte Access Points, die an Stützen und Gondeln angebracht sind. Über sie läuft der gesamte Datenverkehr zwischen der Leitstelle und dem Kommunikationssystem in den Gondeln. Auf den Spitzen der Seilbahnstützen sind speziell für den Außeneinsatz entwickelte WLAN Access Points montiert. In La Paz müssen diese einiges aushalten, denn auf der Hochebene der Anden ist es staubig, windig und kalt. Die Hardware von LANCOM Systems ist dafür prädestiniert, denn sie hält auch widrigen Witterungsbedingungen stand. Dank eines besonderen Schutzgehäuses funktionieren die Outdoor Access Points von LANCOM Systems selbst bei extremen Temperaturen von -33 °C bis +70 °C zuverlässig.

Die Access Points sind mit Richtfunkantennen ausgestattet, die das WLAN-Signal gezielt auf den Streckenabschnitt der Gondel lenken. Auf den Kabinendächern sind ebenfalls Access Points installiert. Sie nehmen das Signal auf und geben es an das Mobility Communications System (MCS) – so heißt das von Loop21 entwickelte Kommunikationssystem – in der Gondel weiter. Über das MCS sind Ein- und Gegensprechanlagen, Sicherheitskameras, Lichtsteuerung und Notrufknopf angebunden. Auch der Hotspot, über den die Fahrgäste im Internet surfen können, wird über das auf WLAN-Komponenten von LANCOM Systems basierende MCS bereitgestellt. Die zentrale Steuerung der Access Points erfolgt über einen WLAN-Controller in den Stationen. Die Access Points sind über Glasfaser mit dem Internet verbunden. Der Strom für das MCS jeder Kabine kommt aus Solarenergie gespeisten Akkus.

Ob in den Anden oder wie hier an der Giggijochbahn in Österreich – die LANCOM Access Points kommen bei mehreren Seilbahnen zum Einsatz. © LOOP21 Mobile Net GmbH

Extreme Bedingungen bei der Montage

Das komplexe Seilbahnprojekt Mi Teleférico in La Paz war gleich in mehrfacher Hinsicht besonders. Dass das Stadtleben mit dem Verkehr ganz normal weiterlief, gehörte dabei noch zu den kleinsten Herausforderungen. „Schon die Containerlogistik vom Hafen über den 4600 Meter hohen Pass nach La Paz war nicht ohne“, erinnert sich Torsten Bäuerlein, Projekt-Manager, Doppelmayr Seilbahnen GmbH. „Die Baustellenorchestrierung auf engstem Raum und die beengten Verhältnisse mitten in der Stadt haben uns ebenfalls einiges abverlangt, wie z.B. blindes Kranen hinter den Häuserreihen. Aus Sicherheitsgründen für die Bevölkerung kamen beim Vorseilflug erstmals speziell entwickelte Montagedrohnen anstelle eines Hubschraubers zum Einsatz.“

Auch das Montieren und Justieren der Outdoor Access Points war ein Balanceakt. Während das Mobility Communications System im Vorfeld bei LOOP21 in Österreich eingebaut wurde, mussten die Outdoor Access Points für die 186 Stützen des Seilbahnnetzes vor Ort angebracht werden. Beim Justieren war obendrein Fingerspitzengefühl gefragt. In urbanen Regionen kommt es leicht zu Störungen durch andere Funknetze, was bei der Ausrichtung der Antennen berücksichtigt werden musste.

Beim Montieren und Justieren der Outdoor Access Points waren Feinarbeit und Fingerspitzengefühl gefragt.

Seilbahn als Teil des Stadtlebens

Ein besonderes Highlight für die Projektbeteiligten war es zu beobachten, wie das urbane Seilbahnnetz in La Paz das Leben der Menschen positiv veränderte. La Paz und El Alto sind durch die schnellen Verbindungen in der Luft noch näher zusammengerückt. Und obwohl die Seilbahn als Verkehrsmittel in Bolivien bis dahin noch recht unbekannt gewesen war, erfreute sie sich schon nach kürzester Zeit großer Beliebtheit. „Das Innovative an diesem Projekt ist die Intermodalität“, betont Torsten Bäuerlein, Projekt-Manager, Doppelmayr Seilbahnen GmbH. „Das Seilbahnnetz ist Teil des Stadtlebens geworden, im Einklang mit der bestehenden Infrastruktur. Dank der absoluten Barrierefreiheit, die sowohl beim Kabineneinstieg als auch im gesamten Stationsbereich umgesetzt wurde, ist die Seilbahn als öffentliches Verkehrsmittel für alle Menschen komfortabel nutzbar, ganz gleich ob jung oder alt, ob mit Rollstuhl oder Fahrrad, ob Familie, Geschäftsleute oder Touristen mit Gepäck.“ Ein weiterer positiver Effekt: Durch die Seilbahn entwickelt sich die Stadt immer weiter. An den Stationen entstehen neue Angebote. Nicht zuletzt eröffnet die verbesserte Mobilität den Bewohnern von La Paz neue Möglichkeiten, etwa bessere Arbeits- oder Ausbildungsplätze.

In La Paz wurde die Seilbahn innerhalb kürzester Zeit ein beliebtes Verkehrsmittel. © Doppelmayr Seilbahnen GmbH

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