R&S®ESSENTIALS | Grundlagen von Spektrum- und Vektornetzwerkanalysatoren
VNA-Kalibrierverfahren und -standards
Paul Denisowski, Product Management Engineer
R&S®ESSENTIALS | Grundlagen von Spektrum- und Vektornetzwerkanalysatoren
Paul Denisowski, Product Management Engineer
Mit Messkalibrierung wird die Korrektur der systembedingten Fehler in einem Messsystem bezeichnet. Mit Hilfe speziell entwickelter Kalibrierstandards, die an der Referenzebene angeschlossen werden – also dem Punkt, an dem später der Prüfling angebracht wird –, können VNA den Einfluss des Testaufbaus quantitativ bestimmen und nachfolgende Messungen entsprechend korrigieren.
Wie jedes Messsystem sind auch VNA nicht vor Fehlern gefeit. Grundsätzlich lassen sich die Fehler eines Messsystems in drei Kategorien einteilen:
Drift- und Zufallsfehlern kann nur durch sorgfältige Kontrolle der Umgebungsbedingungen und konsequente Einhaltung bewährter Verfahren entgegengewirkt werden. Systematische Fehler hingegen lassen sich durch eine Kalibrierung nahezu vollständig eliminieren.
Die Messkalibrierung ist – das sollte betont werden – nicht mit der Gerätekalibrierung gleichzusetzen, bei der überprüft wird, ob ein Gerät innerhalb seiner Spezifikationen arbeitet. Die Gerätekalibrierung wird regelmäßig von einem Service-Center durchgeführt, während die Messkalibrierung bei jeder Messung vom Benutzer vorgenommen wird.
Für die VNA-Kalibrierung werden sogenannte Kalibrierstandards eingesetzt. Dabei handelt es sich um Abschlusswiderstände oder Koppler mit genau bekanntem Betrags- und Phasengang. Im Kalibrierungsprozess dienen sie dazu, die durch den VNA und den Testaufbau verursachten Fehler quantitativ zu bestimmen und zu korrigieren.
Die Standards werden meist als Teil eines Kalibrierkits geliefert. Die Daten für die einzelnen Standards sind in Kalibrierkit-Definitionsdateien abgelegt, die häufig auf dem VNA vorinstalliert sind oder importiert werden können.
Vier Standards sind gängig:
Bei Kalibrierungen mit Standards lassen sich manuelle und die automatische Kalibrierung unterscheiden.
Bei der manuellen Kalibrierung werden die benötigten Standards in der richtigen Reihenfolge manuell an der Referenzebene angeschlossen und wieder getrennt. Dieses Verfahren ist präzise, aber zeitaufwändig und anfällig für menschliche Fehler.
Bei der automatischen Kalibrierung, auch Autocal genannt, sind sämtliche Standards in eine Autocal-Einheit integriert, die vom VNA gesteuert wird. Diese Einheit wechselt an den entsprechenden Punkten im Prozessablauf automatisch zwischen den jeweiligen Standards. So wird nicht nur Zeit gespart, sondern auch das Risiko menschlicher Fehler eliminiert. Dies ist besonders bei Mehrtorsystemen relevant, bei denen eine manuelle Kalibrierung schnell aufwendig werden kann.
Die Vektornetzwerkanalyse kennt verschiedene Kalibrierungstypen, von denen abhängt, welche Standards verwendet werden und in welcher Reihenfolge sie während der Kalibrierung angeschlossen werden.
Die Eintor-Kalibrierung wird für Reflexionsmessungen verwendet. Zwei Haupttypen werden unterschieden:
Die Zweitor-Kalibrierung wird für Transmissionsmessungen verwendet und umfasst komplexere Verfahren, um Fehlerterme zu berücksichtigen, die beide Tore betreffen. Bei der Zweitor-Kalibrierung werden drei Haupttypen unterschieden:
Die vollständige Zweitor-Kalibrierung kann wiederum in zwei Typen eingeteilt werden:
TOSM ist das Standardverfahren und zugleich die am weitesten verbreitete Methode zur vollständigen Zweitor-Kalibrierung. Hierbei wird zunächst eine Eintor-Kalibrierung (Open, Short und Match) an beiden Toren durchgeführt. Anschließend wird ein Through-Standard zwischen den beiden Toren angeschlossen und in beiden Richtungen gemessen – insgesamt sind acht Sweeps erforderlich. Dieses Verfahren ermöglicht zuverlässige und präzise Messungen aller S-Parameter. Da mehrere Standards angeschlossen werden müssen, kann allerdings ein hoher Arbeits- und Zeitaufwand entstehen.
UOSM stellt eine Abwandlung des TOSM-Verfahrens dar. Hierbei wird der bekannte Through-Standard durch einen unbekannten Koppler ersetzt, der symmetrische Eigenschaften in beiden Richtungen aufweisen muss. Diese Methode ist insbesondere dann nützlich, wenn der Prüfling unterschiedliche Anschlusstypen aufweist (z. B. SMA an einem Ende und Typ N am anderen), und bietet eine praktische Alternative, wenn kein Through-Standard verfügbar ist.
Fazit
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