R&S®Essentials | Grundlagen von DC-Netzgeräten

5 unentbehrliche Werkzeuge für Elektronikmessplätze

Autor: James Lewis l Messtechnikexperte und Blogger

In diesem Artikel besprechen wir fünf unentbehrliche Werkzeuge für jeden Elektronikmessplatz. Wir stellen zunächst grundlegende Elektronik-Messgeräte vor – Netzgerät, Digitalmultimeter, Oszilloskop und Spektrumanalysator – und gehen anschließend auf applikationsspezifische Werkzeuge ein.

Die meisten Elektroniklabore sehen sich mehr oder weniger ähnlich. Der Blick fällt unvermeidlich auf Tische voller Leiterplatten und ein scheinbar endloses Kabelwirrwarr. Hinter den sich stapelnden Platinen stehen wuchtige Gehäuse mit Lampen, Bildschirmen und Anschlüssen. In diesen Gehäusen ist die Messtechnik untergebracht. Ob die Leiterplatten nun dazu dienen, ein KI-gestütztes Edge-Gerät oder einen Drehstrommotor zu steuern – die benötigten Messgerätetypen sind sich meist ähnlich.

Die folgenden fünf unverzichtbaren Messgeräte finden Sie dementsprechend in (fast) jedem Elektroniklabor!

Netzgerät

Jedes elektronische Gerät benötigt Strom. Tischnetzgeräte sind daher wichtig für den gesamten Testzyklus– vom ersten Einschalten bis zur endgültigen Verifizierung. Während des Einschaltens können der Überstrom- und Überspannungsschutz eine defekte Leiterplattevor der Zerstörung bewahren. Bei der Fehlersuche können Funktionen zur Datenaufzeichnung oder Simulation elektronischer Lasten die Beseitigung leistungsbezogener Problemeermöglichen. Und eine Schnittstelle zur Fernprogrammierung kann automatisierte Testsbei der abschließenden Verifizierung und Produktion beschleunigen.

Zahllose verschiedene DC-Netzgeräte sind auf dem Markt verfügbar – und wer die Wahl hat, hat die Qual. Glücklicherweise gibt es nur zwei grundlegende Arten von Netzgeräten: lineare Netzgeräte und Schaltnetzteile. Diese beiden Typen unterscheiden sich in der Art und Weise, wie sie die Ausgangsspannung regulieren.

Lineare Netzgerätesind äußerst rauscharm, aber ihre Leistungsumwandlung ist verhältnismäßig ineffizient. Sie sind zudem etwas schwerer. (Tipp: Wenn sich ein Netzgerät in der Hand „rückenlastig“ anfühlt, ist es wahrscheinlich ein lineares Modell.) Schaltnetzteile zeigen demgegenüber eine etwas höhere Welligkeit, lassen sich dank dem geringeren Gewicht aber mühelos im Labor bewegen.

Ein modernes Schaltnetzteilist die beste Wahlfür die meisten Anwendungen, da es eine optimale Balance aus Gesamtausgangsleistung, Gewicht (einfaches Umstellen im Labor) und Kosten bietet. Manche Anwendungen, die äußerst hohe Anforderungen an die Welligkeit stellen,können jedoch ein lineares Netzgerät notwendig machen.

R&S®NGL200 Netzgeräteserie

R&S®NGL200 Netzgeräteserie

Hauptmerkmale:

  • Max. Ausgangsleistung: 120 W
  • Spannung pro Kanal: 0 V bis 20 V
  • Max. Strom pro Kanal: 6 A
  • Lastausregelzeit: < 30 µs

In der Spezifikation eines Tischnetzgeräts ist die maximal verfügbare Ausgangsleistung angegeben. Wenn das Netzgerät über mehrere Kanäle verfügt, bezieht sich dieses Maximum wahrscheinlich auf eine Kombination mehrerer Kanäle. Beispielsweise verfügt das R&S®NGL200Ein-Kanal-Modell über eine maximale Leistung von 60 W. Das Zwei-Kanal-Modell bietet demgegenüber eine Maximalleistung von 120 W, wofür aber die beiden Kanäle in Reihe oder parallel geschaltet werden müssen.

Moderne Netzgeräte bieten zahlreiche anspruchsvolle Funktionen und sind bei weitem nicht auf die Spannungs- und Stromsteuerung beschränkt. „Sense-Leitungen“ zum Beispiel sind hochohmige Leitungen, die mit der Last verbunden werden können. Sie erlauben es dem Netzgerät, ohmsche Verluste auszugleichen,die in den Stromleitungen auftreten. Mittels Datenaufzeichnung können zudem Spannungs- und Stromdaten mit recht hoher Abtastratezur weiteren Analyse direkt auf einem USB-Stick gespeichert werden. Manche Netzgeräte können sogar als elektronische Lasteingesetzt werden – eine Funktion, die prädestiniert ist für die Simulation des Lade- und Entladevorgangs der Batterien von IoT-Geräten.

Digitalmultimeter

Digitale Multimeter werden auch kurz DMM genannt. Mit der älteren Bezeichnung Volt-Ohm-Meter (VOM) sind normalerweise analoge Messgeräte gemeint. Wie der Name „Multimeter“ schon andeutet, kann ein solches Gerät verschiedene elektrische Eigenschaftenmessen – etwa Wechsel-/Gleichspannung, Wechsel-/Gleichstrom, Widerstand, Diodendurchlassspannung und Kapazität. Das Messergebnis wird in der Regel als Momentanwertauf einem numerischen Display angezeigt. Einige DMMs können jedoch auch statistische Werte für Messreihen berechnen. Es ist zu beachten, dass DMMs zwar verschiedene Messungen durchführen können, aber in der Regel nur eine Art von Messunggleichzeitig unterstützen.

Zu den wichtigsten Spezifikationen eines Digitalmultimeters gehören die Präzision und Genauigkeit. Die Präzision gibt an, welche Wertebereiche bei Messungen angezeigt werden können. Die Genauigkeit variiert je nach Messfunktion und -bereich.

R&S®HMC8012 Digitalmultimeter

R&S®HMC8012 Digitalmultimeter

Hauptmerkmale:

  • Echte Effektivwert-Messung, AC, AC + DC
  • Gleichzeitige Darstellung von drei Messfunktionen, z.B. DC + AC + Statistik
  • Messfunktionen: Gleichspannung, Gleichstrom, Wechselspannung, Wechselstrom, Frequenz, Widerstand (2- und 4-Draht), Temperatur, Kapazität, Dioden- und Durchgangsprüfung
  • Mathematische Funktionen: Grenzwerttests, Minimum, Maximum, Mittelwert, Offset, Gleichstromleistung, Berechnung in dB und dBm

Einige DC-Netzgeräte verfügen auch überäußerst genaue, integrierte Spannungs- und Strommesser,sodass diese Geräte auch als Digitalmultimeter dienen können. Das R&S®NGL200 etwa ist ein Zwei-Kanal-Netzgerät mit einem 6 1/2-stelligen digitalen Spannungs-, Leistungs- und Strommesser.

Oszilloskop und Arbiträrgenerator

Auch das Oszilloskop, im Englischen gerne kurz als „Scope“ bezeichnet, darf in keinem Elektroniklabor fehlen. Es misst die Spannung im Zeitverlauf und stellt sie als Wellenform dar. Oszilloskope erfassen eigentlich nur die Spannung, können mit Hilfe geeigneter Tastköpfe aber auch andere Größen messen.

Oszilloskope werden in analoge und digitale Geräteeingeteilt, je nach eingesetzter Signalerfassungstechnik. Der erste Digitaltriggerfür Oszilloskope wurde von Rohde & Schwarz patentiert. Mittlerweile verwenden fast alle Oszilloskope einen Digitaltrigger sowie einen Digital-Analog-Wandlerzur Erfassung von Wellenformdaten.

Nach der Erfassung einer Wellenform bieten Oszilloskope weitreichende Möglichkeiten zur Messung und Analyse.Beispielsweise können bei der Spannungsmessung neben dem RMS-Wert (Effektivwert) auch Spitze-Spitze-, Maximum- und Minimumwerte ermittelt werden. Zudem sind Oszilloskope in der Lage, mehrere Signalparametersimultan zu messen.

R&S®MXO 4 Oszilloskop

R&S®MXO 4 Oszilloskop

Hauptmerkmale:

  • Bandbreite: 200 MHz bis 1,5 GHz
  • Weltweit erstes Oszilloskop mit einer Aktualisierungsrate > 4,5 Millionen Messkurven/s
  • Branchenführende Systemarchitektur: 18 bit vertikale Auflösung, 12-bit-A/D-Wandler
  • Tiefster Speicher in seiner Klasse standardmäßig: 400 MPunkte

Oszilloskope bieten in der Regel mindestens 2 und häufig sogar 4 Eingangskanäle. Diese Kanäle ermöglichen es, mehrere Signale gleichzeitig zu erfassenund zeitlich korreliert(oder phasenkorreliert) anzuzeigen.

Heute umfassen viele Oszilloskope auch Funktionen, mit denen sich andere elektronische Messgeräte ersetzen lassen. Beispielsweise verfügen alle Oszilloskope von Rohde & Schwarz über 8 oder 16 digitale Logikkanäle, die einen traditionellen Logikanalysator oft überflüssig machen. Einige Oszilloskope, wie z. B. bestimmte Modelle des R&S®RTH1000, umfassen sogar ein vollfunktionales Digitalmultimeter.

Ingenieure setzen zusammen mit Oszilloskopen nicht selten Arbiträrsignalgeneratoren (Arbitrary Waveform Generator, AWG) oder Funktionsgeneratoren ein. Viele moderne Oszilloskope bieten einen integrierten AWG,der manchem eigenständigen Funktionsgenerator ebenbürtig ist. Solche Kombinationen aus Oszilloskop und Arbiträrfunktionsgenerator können mit Hilfe der integrierten Software wichtige Messungen durchführen und die Ergebnisse in Diagrammen wie Bode-Plots anzeigen.

Die FFT-Funktionwandelt eine erfasste Wellenform in eine Frequenzanzeige um. Einige Oszilloskope verfügen über eine hardwarebeschleunigte FFT-Funktion, die ähnlich leistungsfähig ist wie ein eigenständiger Echtzeit-Spektrumanalysator.

Spektrumanalysator

Spektrumanalysatoren dienen der Messung des Frequenzspektrums eines Signals. Sie stellen den Betrag auf der x-Achse und die Frequenz auf der y-Achse dar. Die Peaks entsprechen den Frequenzkomponenten. Darüber hinaus bieten einige Spektrumanalysatoren eine Spektrogramm-Anzeige,aus der sich ablesen lässt, wie lange ein Signal verschiedene Teile des Spektrums belegt.

Ein typischer Spektrumanalysator basiert auf dem Sweep-Prinzip undverfügt über einen Überlagerungsempfängerals Herzstück. Er variiert die Mittenfrequenz innerhalb eines bestimmten Bereichs und setzt immer nur kleine Teile des Eingangssignals – jeweils eine Frequenzeinheit – auf eine niedrigere Frequenz um. Die Vorteile solcher Wobbel-Spektrumanalysatoren sind ein großer Frequenzbereich, eine hohe Empfindlichkeitund ein extrem niedriges Grundrauschen.

R&S®FPC Spektrumanalysator

R&S®FPC Spektrumanalysator

Hauptmerkmale:

  • HF-Leistung Engineered in Germany
  • 10,1"-WXGA-Display (1366 × 768 Pixel) – das größte Display mit der höchsten Auflösung in dieser Klasse
  • Mitlaufgenerator und unabhängiger CW-Signalgenerator
  • Eingebaute VSWR-Messbrücke

Spektrumanalysatoren sind auch zur Durchführung automatisierter Messungenfähig, die über die reine Erfassung der Frequenzanteile hinausgehen. Zum Beispiel können sie Kanalleistung, belegte Bandbreite, harmonische Verzerrung, AM-Modulationsgrad und Interceptpunkt 3. Ordnung (TOI) bestimmen.

Einige Geräte wie der R&S®FPC1500umfassen zudem einen Signalgenerator,der ein Dauerstrichsignal (CW) über den gesamten Frequenzbereich des Analysators ausgeben kann. Der R&S®FPC kann zum Beispiel Signale mit einer Frequenz bis 3 GHz erzeugen. Alternativ kann der Generator der Sweep-Frequenz des Analysators folgen. Diese Kombination aus Analysator und Mitlaufgenerator ist hilfreich für die Messung der Übertragungsfunktion eines Geräts oder, mit einem Offset, von Mischern.

Applikationsspezifische Tools

Je nach Ihrer konkreten Anwendung werden Sie möglicherweise auch einige speziellere Werkzeuge benötigen. Falls Sie beispielsweise passive Bauelementecharakterisieren müssen, wäre ein LCR-Meter – manchmal auch als „LCR-Messbrücke“ oder kurz „Brücke“ bezeichnet – das Mittel der Wahl. Diese Geräte messen die Induktivität, die Kapazität und den Widerstand bei verschiedenen Frequenzen und DC-Biaspunkten.

Vektornetzwerkanalysatoren (VNAs) sind ein weiteres Werkzeug zur Charakterisierung,das die S-Parameter von Komponenten wie Kabeln, Leiterbahnen und Verstärkern bestimmen kann. In enger Verbindung zu VNAs stehen Leistungsmessköpfe, die den Leistungspegel eines HF-Signals messen und eine numerische Ausgabe liefern.

Eine Netznachbildung (Line Impedance Stabilization Network, LISN) verbindet den Prüfling mit einer Wechselstromquelle, um EMV-Testszu ermöglichen. Die Netznachbildung besitzt einen Ausgangsport, der es einem EMV-Empfänger ermöglicht, die leitungsgebundenen Emissionen des Prüflings zu messen.

Leistungsanalysatoren wiederum messen die Leistungsaufnahme von AC/DC-Lasten. Analysatoren wie der R&S®HMC8015sind All-in-One-Tools,die die Charakterisierung verschiedener Leistungszustände, die Analyse von Oberschwingungen und anderen Einschaltbedingungen vereinfachen.

R&S®LCX LCR-Meter

R&S®LCX LCR-Meter

Hauptmerkmale:

  • Frequenzbereich bis 10 MHz erweiterbar
  • Grundgenauigkeit von ±0,05 % für Impedanzmessungen
  • Grundgenauigkeit von ±0,03° für Impedanzmessungen
  • DC-Bias bis zu 40 V

Formfaktor und Klasse

Alle hier besprochenen Geräte sind in verschiedenen Formfaktorenund unterschiedlichen Klassenverfügbar. Zu den Formfaktoren zählen Tischgeräte, Handgeräte oder rackmontierbare Ausführungen. (Generell sind für die meisten Tischgeräte auch Rack-Einbausätze verfügbar.)

Die Geräte werden üblicherweise nach Performance-Spezifikationenoder Funktionsumfang in verschiedene Klassen eingeteilt. Obwohl alle Geräte innerhalb einer Klasse dieselbe Grundfunktion bieten, können die erforderlichen Fähigkeiten je nach Anwendung variieren. Beispielsweise werden Oszilloskope oft nach Bandbreiten eingeteilt, und für Ihre konkrete Anwendung könnte eine bestimmte Bandbreite erforderlich sein.

Zusammenfassung

  • Obwohl sich Elektroniklabore hinsichtlich ihres Zwecks stark unterscheiden können, verfügen sie über eine gemeinsame Grundausstattung.
  • Die vier Standardgeräte sind das Netzgerät, das Digitalmultimeter, das Oszilloskop und der Spektrumanalysator.
  • Je nach Arbeitsschwerpunkt verfügen die meisten Labore auch über applikationsspezifische Werkzeuge.
  • Zu den wichtigsten applikationsspezifischen Tools gehören LCR-Meter, Vektornetzwerkanalysator (VNA), Netznachbildung (LISN) und Leistungsanalysator.
  • Alle diese Geräte sind in verschiedenen Formen (z. B. als Tisch-, Hand- oder Rackgerät) und in unterschiedlichen Klassen erhältlich.

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