R&S®Essentials | Grundlagen von Netzgeräten

Tischnetzgeräte verstehen

Autor: Paul Denisowski, Messtechnikexperte

Um DC-Netzgeräte korrekt bedienen zu können, ist ein Verständnis für die zugrundeliegende Technik und die wichtigsten Funktionen unverzichtbar. Folgenden finden Sie eine allgemeine technische Einführung in DC-Tischnetzgeräte sowie eine Erläuterung wichtiger Funktionen, Parameter und Eigenschaften von Netzgeräten in modernen Messanwendungen.

Die meisten elektronischen Geräte werden mit Gleichstrom (DC) betrieben. Bei der Entwicklung, beim Testen und bei der Fehlersuche an moderner Elektronik wird deswegen fast immer eine Gleichstromquelle oder ein „Netzgerät“ benötigt. Obwohl es möglich ist, eine feste, nicht konfigurierbare Gleichstromquelle zu verwenden, werden normalerweise sogenannte Benchtop- oder Tischnetzgeräte für diesen Zweck eingesetzt.

Es sind zahllose unterschiedliche Modelle und Konfigurationen von DC-Tischnetzgeräten auf dem Markt verfügbar. Die gängigsten Anforderungen an fast jede Art von Netzgerät sind dabei:

1. Eine variable, hochpräzise Leistungsabgabe:

  • Spannungen typischerweise bis etwa 30 V max
  • Ströme typischerweise bis etwa 10 A max

2. Bei einem hochwertigen Tischnetzgerät: geringes Rauschen und geringe Restwelligkeit

3. Eine geringe Ausregelzeit nach einer sprunghaften Änderung der Lastimpedanz

4. Mehrere Kanäle, die unabhängig voneinander oder in Kombination verwendet werden können

Grundlegende Spezifikationen von Tischnetzgeräten

Die wichtigsten Spezifikationen eines Netzgeräts betreffen die maximale Ausgangsspannung (in Volt), den maximalen Ausgangsstrom (in Ampere) und die maximale Ausgangsleistung (in Watt). Diese Werte werden in der Regel für einen einzelnen Kanal angegeben.

Beispielsweise kann ein Kanal eine maximale Spannung von 30 V, einen maximalen Strom von 10 A und eine maximale Leistung von 160 W besitzen. Es ist wichtig zu beachten, dass die maximale Leistung geringer ist als das Produkt von maximaler Spannung und maximalem Strom. In diesem Beispiel beträgt die maximale Kanalleistungsabgabe 160 W und nicht 300 W.

Die von einem DC-Tischnetzgerät unterstützten Kombinationen von Spannung und Strom werden häufig durch eine sogenannte „Derating-Kurve“dargestellt. Jede Kombination von Spannung und Strom, die auf oder unter diese Kurve fällt (in den farbigen Bereich), wird vom Netzgerät unterstützt.

Sie finden die Derating-Kurve in der Regel in den Spezifikationen des Netzgeräts, im Handbuch oder auf der Website des Herstellers.

Mehr über Derating-Kurvenerfahren Sie hier.

Konfigurieren von Spannung und Strom bei einem DC-Tischnetzgerät

Der Benutzer eines Tischnetzgeräts stellt zwei Werte ein: die gewünschte Ausgangsstrombegrenzungund die Ausgangsspannung. Der Ausgangsstrom ist eine Funktion des Lastwiderstands, während die Ausgangsleistung das Produkt von Ausgangsspannung und Ausgangsstrom ist.

Die Ausgangsspannung des Netzgeräts wird in der Regel konstant gehalten, kann aber in bestimmten Fällen dynamisch verändert oder variiert werden. Die drei gängigsten Methoden hierfür sind die Verwendung einer Rampe, einer Arbiträrsequenzoder einer externen Quelle.

Steuerung durch eine Rampe

Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei einer „Rampe“ um einen kontinuierlichen Anstieg oder ein „Hochfahren“ der Ausgangsspannung. Die Ausgangsspannung steigt ausgehend von Null über eine benutzerdefinierte Anstiegszeit bis auf eine festgelegte Spannung an. Anschließend bleibt die Spannung konstant.

Steuerung durch eine Arbiträrsequenz

Anders als bei einer Rampe, bei der die Spannung gleichmäßig von Null bis auf einen festgelegten Wert erhöht wird, schaltet das DC-Netzgerät bei einer Arbiträrsequenz zwischen verschiedenen diskreten Spannungspegeln oder Stromschwellen um. Diesen Pegeln sind benutzerdefinierte Werte und Zeitdauern zugeordnet, und die gesamte Sequenz kann mehrere Male wiederholt werden. Manchmal werden diese Sequenzen direkt am Netzgerät programmiert; häufiger jedoch wird eine extern erstellte Datei in das Gerät geladen.

Steuerung durch ein Analog-/Modulationssignal

Bei manchen Netzgeräten ist es auch möglich, den Kanalausgang über eine externe Eingangsspannung zu steuern – dieses „Analog-“ oder „Modulationssignal“ wird über einen separaten Anschluss in das Netzgerät eingespeist. Die Ausgangsspannung (oder seltener die Ausgangsstrombegrenzung) wird durch dieses analoge Eingangssignal gesteuert oder geregelt. Auf diese Weise können auch „modulierte“ Ausgangsspannungssignale wie die hier gezeigte Sinuswelle erzeugt werden.

Rücklesefunktion

Unabhängig von der Steuerungsmethode zeigen viele Tischnetzgeräte jeweils zwei Werte für Spannung und Strom an. Der erste Wertesatz sind die vom Benutzer eingegebenen Werte. Der zweite Wertesatz sind die momentan am Ausgang des Netzgeräts gemessenen oder erfassten Werte. Diese Funktion wird oft als Readback- oder Rücklesefunktion bezeichnet.

Im Normalbetrieb sollte der Wert der Rücklesespannung nahe am konfigurierten Wert liegen. Der Rücklesestrom hängt vom Lastwiderstand ab, da der Lastwiderstand bestimmt, wie viel Strom das Netzgerät abgibt. Es ist zu beachten, dass der vom Benutzer eingegebene Stromwert eine Obergrenze oder einen Maximalwert darstellt – das Netzgerät muss diesen Strom nicht ausgeben, wenn der Widerstand entsprechend hoch ist.

Neben der reinen Anzeige der Werte spielt die Rücklesefunktion auch für drei weitere Anwendungen eine Rolle: Remote Sense, Schutzfunktionensowie Umschalten zwischen Konstantspannungs- und Konstantstrombetrieb.

Remote Sense

Stromversorgungskabel können die tatsächlich an der Last anliegende Spannung reduzieren, da sie einen Widerstand ungleich Null haben. Dieser Spannungsabfall ist in vielen Fällen vernachlässigbar, kann aber bei kleinen Lastwiderständen oder hohen Strömen von Bedeutung sein.

Mit Hilfe der Remote-Sense-Funktion kann ein DC-Tischnetzgerät den durch die Versorgungsleitungen verursachten Spannungsabfall ausgleichen. Erfahren Sie hier mehr über Remote Sense.

Schutzfunktionen

Die Schutzfunktionen dienen dazu, die Last vor zu hoher Spannung oder „Überspannung“, vor zu hohem Strom oder „Überstrom“und vor zu hoher Leistung oder „Überlast“ zu schützen.Alle drei Funktionen schalten den Versorgungsausgang ab, wenn ein Schwellenwert überschritten wird. Oft wird auch eine optische und/oder akustische Meldung ausgegeben, wenn die Schutzfunktion greift. In den meisten Fällen muss der Versorgungsausgang dann manuell wieder eingeschaltet werden.

Die Schutzfunktionen werden in der Regel für jeden Kanal separat konfiguriert und aktiviert/deaktiviert. Der Überstromschutz kann allerdings mit anderen Kanälen verknüpft sein – d. h. wenn die „elektronische Sicherung“ eines Kanals auslöst, werden auch alle mit diesem verbundenen Kanäle deaktiviert. Der Überstromschutz kann auch einer Verzögerung beim Einschalten unterliegen, damit der Ausgang nicht aufgrund hoher, aber kurzer Einschaltströme deaktiviert wird.

Weiterhin kann das Netzgerät selbst über eine Übertemperatur-Schutzfunktion verfügen, die das Gerät ausschaltet, wenn die interne Temperatur des Netzgeräts zu hoch wird.

Konstantspannungs- und Konstantstrombetrieb

Die dritte Hauptanwendung der Rücklesefunktion betrifft den „Konstantspannungsbetrieb“ und „Konstantstrombetrieb“. Bei abnehmendem Lastwiderstand kann ein übermäßig und/oder unerwartet hoher Strom auftreten. Da hohe Ströme die Last beschädigen oder zerstören können, muss hiergegen vorgebeugt werden.

Eine Möglichkeit zur Vermeidung dieses Problems ist die Reduzierung der Spannung, um den Strom unterhalb des Schwellenwerts zu halten. Dieser Betriebsmodus wird als „Konstantstrombetrieb“ bezeichnet.

Mehr über Konstantspannungs- und Konstantstrombetrieberfahren Sie hier.

Zusammenfassung

  • DC-Tischnetzgeräte sind wichtige Hilfsmittel bei der Entwicklung, beim Testen und Debuggen fast aller elektronischen Geräte.
  • Die wichtigsten Spezifikationen eines Tischnetzgeräts betreffen die Anzahl der Kanäle sowie die Maximalwerte für Ausgangsspannung, Strom und Leistung.
  • Es ist auch wichtig, ein Netzgerät mit sauberer, störungsarmer Leistungsabgabe und guter Präzision/Genauigkeit zu wählen.
  • In den meisten Fällen ist die von einem DC-Netzgerät gelieferte Spannung konstant. Viele Modelle erlauben jedoch auch eine variable Steuerung durch Rampen- und Arbiträrfunktionen.
  • Die Rücklesefunktion zeigt die gemessenen Ausgangswerte an und unterstützt Funktionen wie Remote Sense, verschiedene Schutztypen und den Wechsel zwischen Konstantspannungs- und Konstantstrombetrieb.
  • Zu den zusätzlichen Funktionen einiger Tischnetzgeräte gehören serieller und paralleler Betrieb, der Betrieb als elektronische Last und die Batteriesimulation.

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