Application Notes

Charakterisierung der Materialeigenschaften von Polymeren für Radome und Stoßfänger zur Optimierung der Radartransparenz

Autonome und semiautonome Fahrzeuge vertrauen auf eine komplexe Hardware- und Softwarearchitektur, um Informationen von zahlreichen Radarsensoren zu sammeln und auszuwerten. Für die Sensoren ist ein ungehinderter Blick auf die Umgebung erforderlich, um verlässliche Daten zu generieren. Die vor den Sensoren installierten Stoßfänger und Radome dürfen die Radarfunktionalität nicht beeinträchtigen. Daher sind umfangreiche Tests der eingesetzten Kunststoffteile und ihrer zugrunde liegenden Polymerstruktur notwendig. Der R&S®QAR50 ist das ideale Werkzeug, um die Materialeigenschaften von Polymeren und deren Einfluss auf die Qualität des Radarsignals in der frühen Entwicklungsphase und in der Qualitätskontrolle der Materialentwicklung zu charakterisieren.

Abb. 1: Einfluss von Polymereigenschaften auf die Radar-Performance.
Abb. 1: Einfluss von Polymereigenschaften auf die Radar-Performance.
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Ihre Anforderung

Anwendung

Die Herausforderungen für die Optimierung der Polymerzusammensetzung für Stoßfänger und Radome sind facettenreich. Beispielsweise muss das Material eine Balance aus leichtgewichtiger Konstruktion, Erscheinungsbild, Funktionalität und Designfreiheit ermöglichen. Mit dem zunehmenden Einsatz von Radaren in Automobilen werden die Materialeigenschaften von Polymeren für Stoßfänger und Radome zu einem Schlüsselfaktor der gesamten Radar-Performance, sodass daraus neue Anforderungen entstehen. Rückstrahlungen und Materialinhomogenitäten verursachen Reflexionen zwischen Radar und Stoßfänger/Radom und führen zu Sensorblindheit und Geisterzielen. Somit muss die Zusammensetzung der Polymere, die außenliegend am Automobil verwendet werden, bereits von Beginn an im Hinblick auf die Radartransparenz optimiert werden (siehe Abb. 1). Verfügt man über das Wissen, wie ein Polymer die Hochfrequenzenergie im Automotive-Radarbereich reflektiert, durchlässt und/oder absorbiert, kann man bessere Entscheidungen treffen.

Üblicherweise wird mit den Messungen vorwiegend die Permittivität eines Materials charakterisiert. Einfach ausgedrückt wird mit der Permittivität die Wellenlängenkompression innerhalb eines Materials definiert. Eine ideale Materialdicke ergibt immer ein Vielfaches der halben Wellenlänge innerhalb des Materials. Der Grund dafür liegt in der Auslöschung von Reflexionen durch destruktive Interferenz, die sich an den Übergängen zwischen Luft und Material bzw. Material und Luft ereignet.

Um die relative Permittivität (εr) zu bestimmen, muss die elektrische Dicke des Materialprüflings bekannt sein. εr kann nach der Berechnung der Resonanzfrequenz ermittelt werden.

Ermitteln der relativen Permittivität (εr)

Aufgrund der unterschiedlichen Einfallswinkel des Radarsignals muss in die obige Formel ein Korrekturterm einfließen. Somit wird die relative Permittivität folgendermaßen bestimmt:

Relative Permittivität

Der gemittelte Einfallswinkel ϑi ist im Korrekturterm enthalten. Er entspricht der Zahl der halben Wellenlängen im Material.

Geht man von einer elektrischen Messobjektdicke von 2λ aus, erhält man die relative Permittivität folgendermaßen:

Relative Permittivität
Abb. 2: Einfluss von Polymeren auf die Übertragung und Reflexion von Radarsignalen.
Abb. 2: Einfluss von Polymeren auf die Übertragung und Reflexion von Radarsignalen.
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Der εr-Wert und die Schärfe der Reflexions- und Transmissionsdämpfungs-Minima lassen sich durch die Materialfertiger optimieren. Dies erfordert eine fortwährende Bestimmung der Permittivität während der Entwicklung sowie die Klärung der Reflexions- und Transmissionsdämpfungs-Minima. Mit dieser standardisierten Vorgehensweise lässt sich auch der Einfluss von Mehrschichtsystemen wie Lackaufträgen in einem iterativen Prozess optimieren, um negative Wechselwirkungen zwischen Radar und Stoßfänger/Radom in einem frühen Stadium der Entwicklung zu vermeiden (siehe Abb. 2).

Abb. 3: Einfluss der Materialdicke auf Reflexion und Transmissionsdämpfung bei einschichtigen Radomen.
Abb. 3: Einfluss der Materialdicke auf Reflexion und Transmissionsdämpfung bei einschichtigen Radomen.
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Abb. 4: Auswertung der Transmissionsdämpfungs-Messungen für ein- und mehrschichtige Radome.
Abb. 4: Auswertung der Transmissionsdämpfungs-Messungen für ein- und mehrschichtige Radome.
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Herausforderung

Die grundlegendste Art von Werkstoffcharakterisierung ist die Verwendung eines Bogens von dielektrischem Material mit Dicke d und Permittivitätszahl εr. Komplexere Charakterisierungsarten umfassen Mehrschichtwerkstoffe mit unterschiedlicher Dicke und verschiedenen Materialparametern, z. B. Polymere, Absorber, Schaumstoff oder Lackierungen. In diesem Fall steigt die Komplexität der gesamten Charakterisierung aufgrund der Dicke der einzelnen Schichten und möglicher Luftspalte signifikant an (siehe Abb. 3 und 4).

Abb. 5: Einflüsse von Lackierung und Beschichtungen auf die Materialdicke eines Stoßfängers.
Abb. 5: Einflüsse von Lackierung und Beschichtungen auf die Materialdicke eines Stoßfängers.
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Insbesondere bei Metalliclackierungen besteht die Möglichkeit, dass zusätzliche Unsicherheitsfaktoren hinzukommen. Metallpigmente verhalten sich wie Leiter mit Elektronen, die durch Isolatoren getrennt sind. Elektromagnetische Wellen versetzen die Elektronen innerhalb des Metalls in Schwingungen, sodass die Oberfläche polarisiert wird und die Permittivität stark ansteigt (siehe Abb. 5).

Da all diese Schritte in schneller Abfolge wiederholt werden müssen, ist eine einfache Messmethode notwendig, die robuste und zuverlässige Ergebnisse liefert. In diesem Fall weist die Verwendung von HF-Signalen für die Werkstoffmessungen etliche wichtige Vorteile auf. Der erste und vielleicht wichtigste ist, dass dieser Ansatz zerstörungsfreie Materialtests ermöglicht. In vielen Fällen möchte man Informationen über einen Werkstoff erhalten, ohne diesen während des Verfahrens zu zerstören. Ein weiterer wichtiger Vorteil besteht darin, dass mit HF-Signalen Werkstoffmessungen möglich sind, während das Material verschiedensten physischen, mechanischen, thermischen oder chemischen Änderungen unterliegt. Der Ansatz, HF-Signale für die Werkstoffmessungen zu verwenden, legt den Fokus auf die Bestimmung der relativen Permittivität eines Materials.

Ein Weg, die relative Permittivität zu ermitteln, ist die Verwendung eines Vektornetzwerkanalysators (VNA). Der VNA misst Transmission und Reflexion wie im Folgenden beschrieben. Weitere Details sind im Dokument, das auf Seite 5 dieser Application Card referenziert ist, enthalten.

Ein Ansatz für zerstörungsfreie Prüfungen ist die Freiraummethode, da diese sich für das 76-GHz-Hochfrequenzradarband eignet. Dafür ist ein VNA-System einschließlich eines Kalibrierkits notwendig, um in diesem Frequenzbereich zu arbeiten. Der Aufbau ist komplex und erfordert detailliertes VNA-Wissen, um exakte und reproduzierbare Ergebnisse zu erzielen. Vektornetzwerkanalysatoren führen Messungen an ausgewählten Punkten durch. Das bedeutet, dass die geringste Winkelabweichung eine massive Auswirkung auf die Messwerte hat. Eine weitere Beschränkung besteht darin, dass Materialproben relativ groß und eben sein müssen, um ordnungsgemäß von den Antennen ausgeleuchtet zu werden.

Lösung von Rohde & Schwarz

Die Charakterisierung der Materialeigenschaften von Polymeren, die für außenliegende Fahrzeugkomponenten verwendet werden, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Aus diesem Grund hat Rohde & Schwarz den R&S®QAR50 Quality Automotive Radome Tester entwickelt.

Der R&S®QAR50 ist das ideale Werkzeug zur exakten Bestimmung der Qualität von Automotive-Radomen und Stoßfängern im Automotive-Radar-Frequenzbereich während aller Produktphasen von F&E bis zu Fertigungsendkontrollen in der Produktion. Er nutzt Hunderte von Empfangs- und Sendeantennen, um Materialien, Radome und Stoßfänger schnell zu charakterisieren. Die Mikrowellenbildgebung mit elektronischer Fokussierung ermöglicht eine flexiblere Positionierung des Messobjekts. Der R&S®QAR50 verfügt über zwei Antennen-Cluster und anpassbare Frequenzbänder. Er misst die Einweg-Transmissionsdämpfung, die Reflexion auf beiden Seiten (relativ zum oberen und unteren Cluster) und die Transmissionsphase – und all das innerhalb eines Messzyklus von weniger als 4 s. Die Ergebnisse sind mit denjenigen, die mit Freiraummessungen und einem Vektornetzwerkanalysator erzielt wurden, direkt vergleichbar (siehe Tabelle).

Herkömmlicher Ansatz Ansatz von Rohde & Schwarz
Erfordert:
  • Vektornetzwerkanalysator
  • 2 × E-Band-Frequenzumsetzer
  • 2 × Hornantenne
  • HF-Kabel
  • Kalibrierkit
Erfordert:
  • R&S®QAR50 Quality Automotive Radome Tester
  • R&S®QAR50-Z44 Verification Set (rückführbar auf nationale Standards)
Hoher Preis und komplexe HF-Messtechnik Kostengünstig und benutzerfreundlich
Komplexes Messverfahren mit langen Kalibrier- und Messzeiten Messergebnisse in weniger als 4 s
Geschulter HF-Ingenieur erforderlich Keine vorherigen HF-Kenntnisse erforderlich
Geeignet für F&E Geeignet für F&E und Produktion

Messaufbau

Das Verfahren für die Werkstoffcharakterisierung umfasst folgende Schritte:

  • Messung der physischen Dicke d
  • Platzierung des Messobjekts innerhalb von R&S®QAR50
  • Durchführung der Messung
  • Berechnung der relativen Permittivität εr mit einem MATLAB®-Skript (einfache Automatisierung möglich)

Bei der Untersuchung des Einflusses einer Beschichtung oder Vorlackierung auf die Transmissions- und Reflexionseigenschaften des Messobjekts können beide Variablen durch Hinzufügen einer Deckschicht signifikant verschlechtert werden. Aus diesem Grund empfehlen wir, die Messungen nach der Endlackierung vorzunehmen.

Der R&S®QAR50 misst die Mittelwerte für Reflexion und Transmissionsdämpfung für die Frequenzbänder 1 und 2 an einem bestimmten Bereich des Messobjekts und zeigt diese numerisch an.
Der R&S®QAR50 misst die Mittelwerte für Reflexion und Transmissionsdämpfung für die Frequenzbänder 1 und 2 an einem bestimmten Bereich des Messobjekts und zeigt diese numerisch an.
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Konfiguration des Messgeräts

Mit seinen beiden Clustern misst der R&S®QAR50 standardmäßig die Einweg-Transmissionsdämpfung und die Reflexion relativ zum oberen und unteren Cluster gleichzeitig in den 76-GHz- bis 77-GHz- und 76-GHz- bis 81-GHz-Bädern (Bänder 1 und 2).

Bei der Charakterisierung von Kunststoffmaterialien zeigt die effiziente Benutzeroberfläche all die nötigen Informationen auf einen Blick. Mit der vereinfachten Menünavigation kann man den Radomtester ohne detailliertes HF-Wissen bedienen. Der Tester stellt die Ergebnisse von Reflexion und Transmissionsdämpfung als Zahlenwerte dar und liefert Informationen über die Messobjektpositionierung. Dies ermöglicht eine einfache Interpretation der Messergebnisse, ohne dass HF-Expertenwissen erforderlich ist.

Die Option R&S®QAR50‑K10 unterstützt einen Frequenzbereich von 72 GHz bis 82 GHz und zeigt den Frequenzgang der gemessenen Reflexion und Transmissionsdämpfung an.
Die Option R&S®QAR50‑K10 unterstützt einen Frequenzbereich von 72 GHz bis 82 GHz und zeigt den Frequenzgang der gemessenen Reflexion und Transmissionsdämpfung an.
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Um die relative Permittivität zu bestimmen, ist es erforderlich, die Reflexion und Transmissionsdämpfung in Abhängigkeit von der Frequenz für das Automotive-Radarband darzustellen. Mit der Option R&S®QAR50‑K10 wird der Frequenzgang von Reflexion und Transmissionsdämpfung im Bereich von 72 GHz bis 82 GHz gezeigt.

Ausgestattet mit der Option R&S®QAR50‑K10 zeigt der R&S®QAR50 die Reflexion und Transmissionsdämpfung sowie den Frequenzgang für die zwei Größen an.
Ausgestattet mit der Option R&S®QAR50‑K10 zeigt der R&S®QAR50 die Reflexion und Transmissionsdämpfung sowie den Frequenzgang für die zwei Größen an.
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Messergebnisse

Dank seiner leistungsstarken Rechenhardware ist der R&S®QAR50 in der Lage, große Datenmengen in kurzer Zeit zu verarbeiten. Die gewonnenen Bilder und Frequenzdiagramme stehen innerhalb weniger Sekunden zur Verfügung. Abhängig von der Wahl der zu speichernden Parameter und Daten sind extrem schnelle Messzeiten von weniger als 4 s erreichbar.

Im Hinblick auf die gemessenen Parameter sind Präzision, Zuverlässigkeit und Robustheit die Kerneigenschaften eines Messgeräts. Aus diesem Grund misst der R&S®QAR50 Quality Automotive Radome Tester tatsächlich die Reflexion anstatt sie zu berechnen. Die Berechnung der Reflexion auf Basis von Informationen über Transmissionsphase und -dämpfung ist theoretisch möglich, verursacht aber Ungenauigkeiten und ist hochgradig fehleranfällig. Reflexionen haben einen bedeutenden Einfluss auf die Radar-Performance von Radom und Stoßfänger. Präzision ist somit unverzichtbar.

Blaue Linie: Messkurve. Rot gepunktete Linie: Anzeige Messkurven-Minima. Violette Fläche: Anzeige Radarband.
Blaue Linie: Messkurve. Rot gepunktete Linie: Anzeige Messkurven-Minima. Violette Fläche: Anzeige Radarband.
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Die Ergebnisdiagramme zeigen den Frequenzgang der Messobjektreflektivität (Pegel) mit der Pegelangabe in dB über einen bestimmten Frequenzbereich. Der R&S®QAR50 wertet die Pegelergebnisse innerhalb und rund um die typischen Radarbänder aus. Ergebnisdiagramme sind sowohl für die Reflexions- als auch die Transmissionsdämpfungs-Messungen verfügbar. In diesen Diagrammen repräsentiert die X-Achse die Frequenz und die Y-Achse den Pegel der Reflektivität. Die Skalierung ist einstellbar.

Idealerweise befindet sich das Frequenzgang-Minimum innerhalb des Arbeitsfrequenzbereichs des Radarsensors, der in Kombination mit dem Messobjekt verwendet wird. Verschobene Minima weisen darauf hin, dass es Probleme mit der elektrischen Dicke des Messobjekts gibt und daher Raum für Verbesserungen ist. Berechnung der relativen Permittivität εr mit fR = 76,24 GHz:

Berechnung der relativen Permittivität
R&S®QAR-Z44 Verification Set (rückführbar auf nationale und internationale Standards).
R&S®QAR-Z44 Verification Set (rückführbar auf nationale und internationale Standards).
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Um eine hohe Messgenauigkeit und Wiederholpräzision sicherzustellen, muss die Messleistung des Testers regelmäßig verifiziert werden. Mit dem R&S®QAR50‑Z44 Verification Set lässt sich die Performance des R&S®QAR50 für Reflexions- und Transmissionsdämpfungs-Messungen einfach verifizieren. Das R&S®QAR50-Z44 Verification Set ist auf nationale und internationale Standards rückführbar und bietet somit eine einzigartige Lösung.

Fazit

Die Tests und die Optimierung der Eigenschaften von Radomen und Stoßfängern beim Design und der Qualifizierung des Materialaufbaus sind hochkomplex, kostenintensiv und zeitaufwendig. Aus diesem Grund ist es Aufgabe der chemischen Industrie, die HF-Performance von Polymeren zu testen und zu validieren, bevor sie geformt werden.

Der hier beschriebene Ansatz ermöglicht eine schnellere und weniger komplizierte Werkstoffcharakterisierung und Optimierung in einem frühen Stadium. Ein standardisiertes Verfahren zur Bestimmung der Radarpermittivität kann in die Qualitätskontrolle integriert werden. Auf diese Art und Weise lässt sich die Güte von Werkstoffen früh prüfen, sodass hohe Folgekosten in späteren Entwicklungsphasen vermieden werden.

Der R&S®QAR50 ist das ideale Werkzeug zur exakten Charakterisierung von Polymeren und deren möglichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit von Automotive-Radarsensoren im Automotive-Radarfrequenzbereich während aller Produktphasen von der Entwicklung bis zu Fertigungsendkontrollen in der Produktion. Sein innovatives Hardwarekonzept ermöglicht beeindruckend schnelle Messzeiten sowie eine einfache Bedienung. Das Messkonzept erfordert in Kombination mit der unkomplizierten Bedienoberfläche keine speziellen HF- oder Mikrowellenkenntnisse.