Application Notes

Echtzeit-Deembedding mit dem R&S®RTP

Das Deembedding, eine oft schwierige, aber notwendige Aufgabe, wird dank einer integrierten Hard- und Software-Lösung einfacher.

Ihre Anforderung

Sie möchten die Performance Ihres Designs verifizieren und dabei den Einfluss des Signalpfads, des Tastkopfs, der Kabel, Prüfaufnahmen und anderen Zubehörs, das zur Messung des Signals verwendet wird, reduzieren.

Ob Sie eine Hochgeschwindigkeitsschnittstelle wie DDR oder PCIe debuggen, einen schnellen Taktgeber charakterisieren oder ein komplexes HF-Signal analysieren – Sie interessieren sich für das Signal und nicht für die Artefakte des Messaufbaus aufgrund von Lasten oder Reflexionen. Die Beseitigung der Effekte eines nicht-idealen Signalpfads (Dämpfung, Laufzeitdifferenz, Lasten usw.) wird Deembedding genannt.

Die Entfernung solcher Verzerrungen in einem Echtzeit-Oszilloskop erfordert in der Regel einen Filter mit einem Frequenzgang, der die Signalpfadeffekte ausgleicht. Durch die Anwendung dieses Filters auf eine Signalform verspricht man sich Verbesserungen der Signalqualität wie eine größere vertikale Augenhöhe, eine schnellere Anstiegszeit und die Elimination von Reflexionen.

Jedoch sind mit dieser Strategie einige potentielle Probleme verbunden:

  • Da eine Verstärkung aus dem Filterfrequenzgang immer breitbandig ist und sowohl den Signal- als auch den Rauschpegel erhöht, ist es entscheidend, die richtige Systembandbreite auszuwählen (das Außerbandrauschen zu dämpfen).
  • In vielen Fällen kann die Verwendung einer kürzeren Filterlänge zu einer Verbesserung der Verarbeitungszeit beitragen. Die kürzere Filterlänge bedeutet aber immer auch Abstriche bei der Genauigkeit.
  • Die Triggerpunktkorrektur bei der Nachverarbeitung ist langsam (nur langsam). Nur die Flankenzeit kann korrigiert werden – nicht die Pulsbreite usw., um ein (nicht korrigiertes) Triggersignal mit dem endgültigen (um Messeinflüsse bereinigten) Signal zu korrelieren, da der Software-Filter erst angewendet wird, nachdem das Oszilloskop getriggert und die Messkurvendaten im Speicher gespeichert hat. Was das Triggersystem sieht und was auf dem Display angezeigt wird, stimmt nicht unbedingt mit den tatsächlichen Abläufen bei der Nachverarbeitungskorrektur überein. Dieser Unterschied kann sich stärker auswirken, wenn die Signalfrequenz zunimmt.
Echtzeit-Deembedding-Architektur
Echtzeit-Deembedding-Architektur

Messtechnische Lösung

Echtzeit-Deembedding-Architektur

Das R&S®RTP High-Performance-Oszilloskop wurde dafür konzipiert, diese Nachteile zu beseitigen und eine einfache und schnelle Deembedding-Lösung bereitzustellen. Mehrere Frequenzgangansichten der einzelnen Schaltungselemente sowie des Gesamtsystems helfen bei der Optimierung der Bandbreite und Gewährleistung einer minimalen Rauschverstärkung.

Im R&S®RTP ist der Deembedding-Filter unmittelbar nach dem A/D-Wandler in Hardware implementiert. Diese Echtzeit-Verarbeitung der Messkurvendaten gewährleistet eine maximale Aktualisierungsrate, auch wenn der Filter angewendet wird. Ob Sie nach Fehlern in einem Protokoll suchen oder ein Augendiagramm überwachen – ein schnelles, reaktionsfähiges Messsystem sorgt dafür, dass keine kritischen Details verloren gehen.

Typische Signalleitungsstruktur
Typische Signalleitungsstruktur
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Deembedding kaskadierter Signalleitungen

Eine typische Signalleitungsstruktur zum Testen von differenziellen Hochgeschwindigkeitsschnittstellen kann z. B. aus einem phasenangepassten Kabelsatz, Adaptern und einer Prüflingsaufnahme bestehen. Kabel, Adapter und anderes Zubehör werden als Zweitor-S-Parameter modelliert, während eine Prüflingsaufnahme ein Zweitor- oder Viertor-S-Parameter sein kann. Die Deembedding-Anwendung verwaltet direkt den S-Parameter-Kaskadierungsprozess und berücksichtigt die Eingangs-/Ausgangsbelastung von jedem Block.

Überlegene Trigger-Fähigkeiten und schnelle Signalintegritätsergebnisse

Der letzte Schritt beim Deembedding ist die Erstellung eines Filters, der dann auf das gemessene Signal angewendet wird. Beim R&S®RTP ist der Deembedding-Filter für den digitalen Trigger sowie für das Hochleistungs-Aufzeichnungssystem verfügbar. Dies bildet die Grundlage für den ersten Deembedding-Trigger der Branche, da Sie so auf das exakte korrigierte Signal, das Sie beobachten, triggern können. Hardwarebasiertes Deembedding beschleunigt auch kritische Messkurven-Verarbeitungsvorgänge und liefert z. B. die schnellste Augendiagramm-Aktualisierungsrate – bis zu 1000-mal schneller als andere Geräte.

Anwendung

Größere Reserve im Augendiagramm

Eine der gängigsten Fragen von Design- und Testingenieuren ist: Welche Performance bringt mein Design wirklich? Anders gesagt: Wie lässt sich feststellen, ob die Messung die tatsächliche Performance widerspiegelt oder ob die Ergebnisse auf irgendeine Weise durch Belastungen der Testausrüstung, Reflexionen an Steckverbindern, Kabelverluste oder allerlei andere mögliche Störungen durch den Messaufbau verfälscht werden. Wenn diese Störungen bekannt sind, ist es möglich, die Auslegungsreserve mit Hilfe von Deembedding-Verfahren wiederherzustellen. Während es ratsam ist, stets hochwertige, phasenangepasste Kabel zu verwenden, wird die Ermittlung der wahren Performance eines Designs mit integrierten Ausgleichsroutinen, die die Tastkopfbelastung, die Rückfluss-/Einfügungsdämpfung von Kabeln, Adaptern und Messaufnahmen und selbst der Oszilloskop-Eingangsstufe ausgleichen, erleichtert.

USB3.0-Gen1-Augendiagramm vor dem Deembedding (grüne Messkurve)
USB3.0-Gen1-Augendiagramm vor dem Deembedding (grüne Messkurve)
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Die beiden Screenshots zeigen ein schnelles Signal, das mit einem kurzen (gelbe Messkurve) und einem langen Kabel (grüne Messkurve) gemessen wurde. Das lange Kabel wird kompensiert (deembedded) und mit dem Frequenzgang des kurzen Kabels verglichen, welches in diesem Beispiel die ideale Referenz darstellt. Es ist zu beachten, dass der Großteil der Auslegungsreserve, die vom Kabelverlust aufgezehrt wurde, durch eine verbesserte Augenreserve wiederhergestellt wurde.

USB3.0-Gen1-Augendiagramm nach dem Deembedding (grüne Messkurve)
USB3.0-Gen1-Augendiagramm nach dem Deembedding (grüne Messkurve)
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HF-Signalanalyse

HF-Designer stehen permanent unter dem Druck, in ihren Designs komplexere Modulationsverfahren mit höheren Frequenzen und Bandbreiten zu realisieren. Jedes Element eines Signalpfads wirkt sich auf die HF-Messleistung insgesamt aus. Kabel, Koppler, Dämpfungsglieder und anderes Zubehör bewirken einen nicht idealen Signalpfad, der durch Effekte wie Verzerrung, Rückflussdämpfung und Phasenfehler geprägt ist.

Die frequenzabhängige Dämpfung einer langen Messleitung ist typischerweise eine der Hauptursachen eines schlechten Signal-Rausch-Verhältnisses. Sogar so schlichte Komponenten wie feste Dämpfungsglieder können zu Verzerrungen führen und die Signalqualität stärker als erwartet beeinträchtigen. Ein Dämpfungsglied, ein Kabel oder eine Leiterbahn kann zur Verwendung von Deembedding-Verfahren auf einfache Weise kompensiert werden.

Serielle Triggerung und Decodierung von Deembedded-Signalen

Die Ermittlung der Ursache eines Design-Problems beginnt in der Regel mit der Reproduzierung des Problems und seiner Isolierung mit Hilfe eines Triggers. Die Triggerung und Decodierung von Hochgeschwindigkeitsprotokollen ist ein unverzichtbares Hilfsmittel, um die elektrischen Abläufe mit den Abläufen auf Protokollebene in Zusammenhang zu bringen. Die Zuverlässigkeit des Protokoll-Decoders eines Oszilloskops kann durch Verbesserung der Signalqualität insgesamt z. B. mittels Deembedding sichergestellt werden.

Der Schlüssel für die größere Trigger-Zuverlässigkeit sind die höhere Signalamplitude und die insgesamt verbesserten Signaleigenschaften, die die Erkennung von Bits und Symbolen durch das Trigger- und Decodiersystem wesentlich vereinfachen. Herkömmliche Oszilloskop-Architekturen enthalten einen Triggerabgriff, was bedeutet, dass das angezeigte Software-korrigierte Signal (Deembedded-Signal) nicht mit dem Rohsignal der Triggerschaltung übereinstimmt. Beim R&S®RTP nutzen das Trigger- und Erfassungssystem den gleichen Pfad, sodass Sie tatsächlich auf das angezeigte Signal triggern. So wird die Triggerung wesentlich zuverlässiger – selbst bei den komplexesten seriellen Bussen.

USB3.0 Gen1 vor dem Deembedding
USB3.0 Gen1 vor dem Deembedding
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Im nebenstehenden Beispiel wird ein USB3.0-Gen1-Signal am entfernten Ende eines Kanals gemessen, wo der Signalverlust zwar höher ist, dies aber aufgrund der mechanischen Gegebenheiten nicht vermieden werden kann. Es ist immer noch möglich, die Protokollaktivität zu decodieren, aber einige Daten können aufgrund von Hysterese oder Pegelunterschieden beschädigt oder fehlerhaft synchronisiert erscheinen.

Die serielle Decodierung ist zuverlässiger und konsistenter, wenn ein Teil oder die gesamte Kanalverlustkompensation angewendet wird.

USB3.0 Gen1 nach dem Deembedding
USB3.0 Gen1 nach dem Deembedding
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USB3.0 Gen1 nach dem Deembedding

DDR3-Augendiagramm
DDR3-Augendiagramm
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Optimierte Tests von DDR-Schnittstellen

Eine weitere Herausforderung beim Thema Signalintegrität, bei der das Deembedding helfen kann, ist die Beseitigung von Reflexionen. Bei der Verifizierung von DDR-Speichersystemen ist der Signalzugriff z. B. in der Regel über direkte Messung an einer nahegelegenen Durchkontaktierung, einem Pin oder einem anderen Zugriffspunkt möglich. Die Verwendung eines Komponenteninterposers kann den Signalzugriff wesentlich einfacher machen, während die relevanten Signale, die über die Kontakte der Kugelgitteranordnung (Ball Grid Array, BGA) geleitet werden, zugänglich werden. Nach dem Deembedding des Interposers werden so die Signaldämpfung durch die Messaufnahme sowie Reflektionen durch eine Impedanz-Fehlanpassung entfernt.