5G ist jetzt. Aber 6G steht schon vor der Tür.
"Alexander Pabst, Vice President Market Segment Wireless Communications bei Rohde & Schwarz
Manche erinnern sich noch an ihre erste SMS. Das war in den 1990er Jahren, als das Mobiltelefon noch Tasten hatte und mit einem Smartphone von heute kaum zu vergleichen war. Drei Jahrzehnte fast forward sieht die Wirklichkeit anders aus. Wir nutzen Streaming-Dienste quasi to go, verfolgen Paketlieferungen im Echtzeit-Tracking oder gratulieren Freunden auf anderen Kontinenten per Video Call zum Geburtstag.
6G-Use Cases wiederum empfinden viele aus der Perspektive unserer heutigen Wirklichkeit wie eine fantastische Vision. Virtual und Augmented Reality etwa werden zu einer Extended Reality weitergedacht. Das schafft einen Erlebnisraum, in dem die Grenzen zwischen realer und virtueller Welt verschwinden.
Digitale Avatare der eigenen Persönlichkeit könnten durch virtuelle Shopping-Malls schlendern. Und wie wäre eine gemeinsame Geburtstagsparty über Kontinente hinweg im virtuellen Raum statt Videotelefonie? Das Metaverse, eine globale virtuelle Realität, tauchte 1991 erstmals in einem Science-Fiction-Roman auf. Heute wird der Begriff nicht nur im Silicon Valley als nächste große Entwicklung der Digitalisierung diskutiert. Werden 6G-Szenarien Realität, erwartet uns in den 2030er Jahren ein Wunderland der Kommunikation.
5G ist jetzt. Aber 6G steht schon vor der Tür.
"Alexander Pabst, Vice President Market Segment Wireless Communications bei Rohde & Schwarz
Noch fehlen standardisierte Leistungsmerkmale. Doch die technologische Debatte zeigt ein verbindendes Element: den Superlativ. Aktuelle Fachbeiträge sind gespickt von Zuschreibungen wie further enhanced ultra mobile broadband (feUMBB), ultra-low latency reliability & security (uLLRS) oder ultra-high sensing low latency communication (uHSLLC).
Alle Zuschreibungen zahlen darauf ein, extrem hohe Datenraten zuverlässig, verzögerungsfrei und zunehmend umgebungssensibel zu übertragen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Kombinationen bereits bekannter Anwendungsprofile, meist in immer höheren Frequenzbereichen, um den Anforderungen visionärer Use Cases gerecht zu werden.
Eine neue Kombination: Joint Communication & Sensing (JCAS). Der Ansatz beschreibt Sensorfunktionen als integralen Bestandteil von zukünftigen 6G-Kommunikationsnetzwerken. Rohde & Schwarz engagiert sich in der Entwicklung aktiv mit seiner Kompetenz in beiden Bereichen: drahtlose Kommunikation und Radarmesstechnik.
Technisch geht es darum, native JCAS-Designanforderungen mit Mehrsignal-Designs oder Hardware-Sharing zu realisieren. Anders ausgedrückt: Ziel ist es, durch den Informationsaustausch innerhalb eines Kommunikationsnetzes auch Umgebungsparameter zu erfassen. Dazu werden zusätzlich zu den gesendeten Signalen im Netz auch deren Reflexionen empfangen und verarbeitet. Das Prinzip kennt man von der Ultraschalluntersuchung beim Arzt. Unterschiedliche Arten von Gewebe reflektieren Ultraschallwellen unterschiedlich stark. Ein Computer leitet aus den Echos Lage, Form und Struktur von Organen bildgebend ab.
Im Mobilfunk können Signalreflexionen einerseits wichtige zusätzliche Optimierungshinweise für die Netzperformanz liefern. Blockiert beispielsweise ein Objekt auch nur vorübergehend die Signalausbreitung, reagiert das Netz, indem es die Richtung des Signals verändert – quasi in Echtzeit.
Andererseits ermöglicht die zusätzliche räumliche Erfassung innerhalb von Mobilfunknetzen völlig neuartige Applikationen an den Endgeräten. Für die Nutzerinnen und Nutzer. Für dich und mich. Ein sogenannter Digital Twin etwa ist in der Lage, ein Modell der physischen Welt virtuell abzubilden, wobei das Ziel in einem 6G-Szenario ist, ein vollständig immersives Erlebnis zu schaffen. Ob Spiel und Spaß im Entertainmentbereich, Robotik-Anwendungen in der Industrie oder Assistenzsysteme für Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen, das Interesse am Markt ist groß.
Das Potenzial von KI und Machine Learning ist riesig
Nach den analogen Vorläufern (1G) glich in den 90ern eine SMS an den Kommilitonen aus der Elektrotechnik-Vorlesung einem Quantensprung. Die erste digitale Mobilfunkgeneration 2G ermöglichte Funktionserweiterungen wie Roaming oder digitale Sprachübertragung. Der europäische 2G-Standard GSM (Global System for Mobile Communication) entwickelte sich zum Exportschlager – genauso wie der GSM-Systemsimulator von Rohde & Schwarz.
Das Internet wuchs, der Wunsch mobil darauf zuzugreifen mit ihm. Datenanwendungen standen somit im Fokus der Nachfolgegenerationen 3G und 4G, letztere auch bekannt als LTE (Long Term Evolution). Beide sind bis heute die weltweit am weitesten verbreiteten Standards im Mobilfunkökosystem. Die Use Cases waren vorwiegend auf die Kommunikation von Mensch zu Mensch zugeschnitten. Es galt die Übertragungsgeschwindigkeit von Daten zum mobilen Endgerät zu optimieren, um Anwendungen schnell und störungsfrei nutzen zu können.
Der neueste Mobilfunkstandard 5G vervielfacht zwar die Geschwindigkeit, einen nennenswerten Vorteil für den privaten Nutzer bringt das allerdings nicht. Impulse für eine Weiterentwicklung kommen aus einer anderen Richtung.
Industrie 4.0 ist das Schlagwort der fünften Mobilfunkgeneration. Das industrielle Internet der Dinge (IIoT) spielt auf den Werksgeländen der Zukunft eine Hauptrolle. Robotik in der Fertigungslinie und autonome Logistiksysteme arbeiten Hand in Hand mit der Werkmannschaft.
Da solche 5G-Anwendungsfälle hohe Anforderungen an die Abdeckung, Latenz und Zuverlässigkeit stellen, kann die Implementierung für Netzplaner und Betreiber herausfordernd sein. Mit einem eigenen 5G-Campusnetz an seinem Produktionsstandort sammelt Rohde & Schwarz bereits seit 2020 intensiv Erfahrung in realen Industrie-4.0-Szenarien – für sich und seine Kunden.
Smarter, also intelligenter, wird auch eine Vielzahl unserer gewohnten Alltagsgegenstände. Im Smart Home muss niemand mehr selbst auf den Lichtschalter drücken. In der Smart City von morgen kommunizieren vernetzte Autos mit intelligenter Infrastruktur. Visionen aus den letzten Jahrzehnten, die mit dem flächendeckenden Rollout von 5G der Wirklichkeit einen großen Schritt näherkommen.
Allerdings stellt die Menge an unterschiedlichen Anwendungen noch größere Anforderungen an die Sensorik einzelner und die Kommunikation aller Systeme. Connectivity ist deshalb nicht nur eine Technologie, die Rohde & Schwarz beherrscht. Im übertragenen Wortsinn ist der global agierende Konzern aktiv im gesamten Mobilfunkökosystem vernetzt.
"Wir bei Rohde & Schwarz verstehen uns als Technologiepartner für das gesamte Mobilfunkökosystem. Gemeinsam mit Chipsatz-Lieferanten, Geräte- und Infrastruktur-OEMs, Testhäusern und Netzbetreibern haben wir die Konnektivität bis hin zu 5G ermöglicht. Fortsetzung folgt, auch über 5G hinaus."
Alexander Pabst, Vice President Market Segment Wireless Communications bei Rohde & Schwarz
Seit der ersten digitalen Mobilfunkgeneration 2G hat sich in der Entwicklung geradezu organisch ein Takt etabliert. Etwa alle zehn Jahre ist eine neue Generation geboren worden. Folgt man dieser Art von Evolution, wäre rein rechnerisch ab dem Jahr 2030 der 6G-Netzausbau weltweit in vollem Gang. Unternehmerisch betrachtet ist die Forschung an der sechsten Generation eine nachhaltige Investition in die Zukunft.
Zudem ist der Drang, Neues zu erforschen, bei Rohde & Schwarz tief verwurzelt. Innovation ist Teil der DNA des Technologiekonzerns. Bereits die beiden Gründer Dr. Lothar Rohde und Dr. Hermann Schwarz brachen mit Unternehmergeist in die damals noch unerforschte Welt der Hochfrequenztechnik auf. In dritter Familiengeneration bleibt der eingeschlagene Weg eine Erfolgsgeschichte. Seit Beginn der digitalen Mobilfunk-Ära etwa ist Messtechnik von Rohde & Schwarz im Markt maßgeblich.
Bereits seit 2019 forscht Rohde & Schwarz gemeinsam mit den Fraunhofer-Instituten HHI und IAF im Sub-Terahertz-Frequenzbereich zwischen 100 und 320 GHz. Für die virtuelle Shopping-Mall oder die Party unter Avataren werden allerdings noch deutlich größere Datenraten als bei 5G nötig sein. Die lassen sich nur bei sehr hohen Frequenzen realisieren. 6G wird deshalb technologisch in neue Dimensionen vordringen, und das nicht nur bei der Übertragung.
6G wird mehr sein als ein Funknetz, wie wir es heute kennen. Die Herausforderung dabei ist, Mobilfunkkommunikation, Sensorik und Rechenleistung nahtlos miteinander weiterzuentwickeln und zu integrieren. Neue E-Health-Ansätze ermöglichen elektronische Gesundheitsdienste weltweit auch für abgelegene oder schwer zugängliche Regionen. Local Trust Zones schaffen sichere Räume für IoT-Mikronetze intelligenter Städte. Dabei verbinden sich einfache IoT-Geräte autonom miteinander, um lokale Mesh-Netze zu bilden, ohne dass das Netz verdichtet werden muss. Edge-, Fog-, und Cloud-Computing sind unterstützende Technologien.