5G aus dem Weltraum – Konsequenzen für die NTN-Messtechnik

Autor: Reiner Stuhlfauth, Technology Manager

Nicht-terrestrische 5G-Netze (NTN), die satelliten- und luftgestützte Kommunikationssysteme nutzen, sollen künftig den bestehenden Mobilfunk ergänzen und eine lückenlose globale Abdeckung ermöglichen. Im Zuge dieser Entwicklung, die in mehreren Phasen ablaufen soll, werden zahlreiche neue Anwendungsfälle für 5G entstehen. Um die Performance, Funktionalitäten und Interoperabilität der 5G-NTN-Systeme sicherzustellen, müssen die bestehenden Testmethoden und -verfahren angepasst werden.

Messtechnik für NTN-Basisstationen

Die Mobilfunkbranche steht vor einem Paradigmenwechsel: Denn das Konzept einer „Basisstation“ ist im Kontext nicht-terrestrischer Netze (NTN) obsolet. Stattdessen werden Netzknoten in Satelliten integriert und bewegen sich folglich relativ zur Erdoberfläche. Langfristig – also für 6G – sollen Multi-Orbit-Netze mit einer 3-dimensionalen Netzknoten-Architektur entstehen, die sämtliche LEO-, MEO- und GEO-Umlaufbahnen umfasst.

Verschiedene Konzepte für diese Architektur befinden sich derzeit im Standardisierungsverfahren:

  • In der ersten Phase soll gemäß der Definition in Release 17 der transparente Modus Anwendung finden. Hierbei fungiert der Satellit lediglich als eine Art Repeater, während das 5G NR-Funksignal in einem terrestrischen Knoten (gNB) erzeugt und empfangen wird. Die Kommunikation zwischen dem terrestrischen gNB-Knoten und dem Satelliten findet über die Speiseverbindung (Feeder Link) zwischen dem Satelliten und einem terrestrischen Gateway statt. Die direkte Verbindung zwischen dem Satelliten und dem Gerät wird demgegenüber als Dienstverbindung (Serving Link)bezeichnet.
  • Mit dem künftigen regenerativen Modus, der aktuell als Arbeitspunkt in Release 19 diskutiert wird, sollen entweder die gesamten oder disaggregierte gNB-Funktionen in die Satellitenzugangsknoten (SAN) integriert werden. Ziel ist eine schnellere Datenübertragungsplanung sowie eine höhere Verarbeitungs- und Rechenleistung im Satellitenknoten selbst. Allerdings ist damit auch eine höhere Komplexität verbunden.

Derzeit liegen zwei Dokumente mit Vorschlägen für Standardisierungsanforderungen vor, die für zukünftige SAN-Tests wichtig sein werden:

  • TS 38.108 beschreibt die Anforderungen an NTN-Empfänger und -Sender.
  • TS 38.181 beschreibt die eigentlichen Testanforderungen.
  • TS 38.101-5 beschreibt die Spezifikationen für NTN-Endgeräte-(UE)-Tests

Bild 1 unten zeigt eine kurze Übersicht über Testszenarien und einen symbolischen Messaufbau für einen SAN, der im NTN-Modus für transparente Nutzlasten arbeitet. Das Messobjekt (DUT) umfasst drei Funktionsblöcke: den Satelliten (im Bild als NTN Payload RF bezeichnet), das Gateway und die NTN-unabhängigen Netzwerkfunktionen (gNB).

Bild 1: Testszenarien für den transparenten NTN-Modus
Bild 1: Testszenarien für den transparenten NTN-Modus
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Die HF-Schnittstellentests können grob unterteilt werden in:

  • Sendertests (TX)
  • Empfängerempfindlichkeit (RX)
  • Empfängerleistung (RX Performance)

Bei den Tests am Sender wird ein ähnlicher Ansatz verfolgt wie im terrestrischen Fall, mit Kennzahlen wie Sendeleistung (TX Power, TX Power Control), Modulationsqualität (EVM) und spektralen Sendeeigenschaften (ACLR, Störstrahlungen, SEM). Ein Signalanalysator ist hierfür das ideale Messgerät. Je nach Kategorie des Satellitenknotens kann die Verbindung zum Testgerät über eine kabelgebundene Verbindung oder Over-The-Air (OTA) hergestellt werden. OTA-Tests ermöglichen die Verifizierung von Richtantennen, die für die Strahlformung eingesetzt werden. Diese Art von Test erfordert eine vollabsorbierende Schirmkammer (FAC) sowie einen Drehstand.

Für Empfängertests sind zwei verschiedene Ansätze verfügbar:

  • Für Kennzahlen wie die Empfängerempfindlichkeit wird mit Hilfe eines Signalgenerators ein Referenztestsignal an den Prüfling gesendet. Das Ergebnis dieses Tests ist die Blockfehlerrate (BLER) im Empfänger oder der Datendurchsatz. Gemäß 3GPP-Spezifikationen muss der Durchsatz zum Bestehen des Empfindlichkeitstests bei einem minimalen Eingangspegel einen Schwellenwert von 95 % eines definierten Referenzkanals erreichen. Wegen der Disaggregation der Komponenten liegt der Einspeisepunkt des HF-Signals am Satelliteneingang, die BLER kann jedoch nur im gNB-Protokollstapel bestimmt werden.
  • Der zweite Ansatz basiert auf der Empfangsleistung, die der Empfindlichkeit insofern ähnlich ist, als ebenfalls ein Durchsatz von 95 % den Maßstab bildet. Allerdings simulieren die Empfangsleistungstests eine Stresssituation für den Empfänger, indem beispielsweise ein Fading-Profil auf das Testsignal angewendet oder Störsignale hinzugefügt werden.

Testgeräte für NTN-Endgeräte

Grundsätzlich gelten bei Endgeräten für die 5G-Satellitenkommunikation die gleichen Anforderungen an Sender und Empfänger wie im Fall terrestrischer Netze. Der Teufel steckt jedoch im Detail: Es gibt verschiedene Testaufbauten und -verfahren, je nach Funktionalität des NTN-Endgeräts und Anwendungsfall. Beispielweise wird die Gerätekategorie NTN-IoT eine Architektur mit geringer Komplexität verwenden.

Darüber hinaus erfordern Anwendungsfälle wie Messaging oder kleine Datensätze normalerweise kein bestimmtes QoS-Profil und sind sehr verzögerungstolerant. Künftige NTN-Endgeräte, z. B. VSAT-Terminals (Very Small Aperture Terminals), werden anspruchsvollere Technologien wie Beamforming, höhere Frequenzen und größere Bandbreiten nutzen. Hierfür werden umfassendere Tests notwendig. Das Frequenzspektrum ist für NTNs von entscheidender Bedeutung, da es zahlreiche mögliche Konfigurationen gibt: NTN-Bänder können sich etwa mit terrestrischen Bändern überlappen, unmittelbar nebeneinander liegen oder über einen ausreichenden Sicherheitsabstand verfügen. Daher sollte die Testkampagne auch einige Koexistenzszenarien abdecken.

3GPP arbeitet an der Erweiterung der Endgeräteanforderungen für die Satellitenkommunikation. Die entsprechende Spezifikation trägt die Bezeichnung TS 38.101-5. Dieses Dokument gehört zur Endgeräte-Spezifikationsserie TS 38.101-x und deckt verschiedene NTN-Aspekte mit den zugehörigen Kennzahlen ab:

  • Sendeleistung
  • Spektrale Bandbreite
  • Modulationsqualität
  • Empfängerempfindlichkeit
  • Ausstrahlung (SEM, ACLR, Störstrahlungen)

Für angemessene Endgerätetests ist ein Systemsimulator erforderlich, der Verbindungen handhaben kann, die den gesamten Protokollstapel umfassen, und HF-Tests sowie Protokolltests ermöglicht. Bild 2 zeigt einen entsprechenden Messaufbau im Überblick. Das Endgerät, das den Prüfling darstellt, ist über Kabel mit dem Systemsimulator verbunden oder befindet sich in einer OTA-Kammer. Dieser Systemsimulator führt sowohl HF- als auch Protokolltests durch. Die Protokolltests sind dabei besonders wichtig für die Prüfung von Verbindungs- und Mobilitätsszenarien.

Bild 2: Systemsimulator, der Protokolltests unterstützt
Bild 2: Systemsimulator, der Protokolltests unterstützt
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Eine Anforderung an NTN-Terminals ist die terrestrische Positionsbestimmung. Daher gehört die Positionsbestimmung anhand von GNSS-Signalen zur obligatorischen Funktionalität von NTN-Endgeräten. Die Satellitenstation sendet ihre eigenen Bahndaten über Systeminformationen und unterstützt das Endgerät bei der Korrektur des Zeitversatzes und der Dopplerverschiebung.

In einem NTN-Testsystem für Konformitätsprüfungen kann ein Signalgenerator das GNSS-Signal simulieren, um dem Endgerät die Positionsbestimmung zu ermöglichen. Darüber hinaus erfordern die Typgenehmigung und regulatorische Tests erweiterte Spektralmessungen, wie etwa Tests der Störaussendungen und Empfangsleistung. Der 5G-Systemsimulator kann zusätzliche Messgeräte wie Signalgeneratoren und -analysatoren umfassen, um solche zusätzliche Störszenarien oder erweiterte Spektrumanalysen abzudecken.

Der R&S®CMX500 Mobilfunktester unterstützt vollständig unabhängige LTE/FR1- und FR2-HF-Signalisierungs- und -Messoptionen sowie alle aktuellen und zukünftigen 3GPP-Bandkombinationen mit einem Datendurchsatz von bis zu 20 Gbps auf IP-Ebene. Er folgt der One-Platform-Strategie von Rohde & Schwarz – mit Gesamtfrequenzbandbreiten von bis zu 10 GHz rüstet er den Benutzer für aktuelle und zukünftige Testherausforderungen. Dank der intuitiven, webbasierten grafischen Benutzeroberfläche R&S®CMsquares setzt dieser One-Box-Tester den neuen Standard für 5G-NTN-Tests.

R&S®SMW200A Vektorsignalgenerator

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Hauptmerkmale:

  • Frequenzbereich bis 67 GHz (Zweipfad-Gerät: bis 44 GHz)
  • 2 GHz Modulationsbandbreite
  • Integriertes Fading mit bis zu 800 MHz Bandbreite und bis zu 8x8 MIMO
R&S®SMBV100B Vektorsignalgenerator

R&S®SMBV100B Vektorsignalgenerator

Hauptmerkmale:

  • Frequenzbereich von 8 kHz bis 3 GHz bzw. 6 GHz
  • Extrem hohe Ausgangsleistung von bis zu +33 dBm
  • 1 GHz Modulationsbandbreite mit perfekter Genauigkeit

Fazit

  • Das Konzept einer „Basisstation“ ist im Kontext nicht-terrestrischer Netze (NTN) obsolet.
  • Aktuell befinden sich zwei verschiedene Architekturkonzepte im Standardisierungsverfahren, eines für den transparenten Modus und für einen künftigen regenerativen Modus.
  • Es liegen zwei Dokumente mit Vorschlägen für Standardisierungsanforderungen vor, die für zukünftige Tests von Satellitenzugangsknoten wichtig sein werden: TS 38.108 und TS 38.181.
  • Das Frequenzspektrum ist von entscheidender Bedeutung, da es mehrere mögliche Konfigurationen gibt: NTN-Bänder können sich etwa mit terrestrischen Bändern überlappen, unmittelbar nebeneinander liegen oder über einen ausreichenden Sicherheitsabstand verfügen.
  • TS 38.101-5 ergänzt die bestehenden UE-Testspezifikationen um erweiterte Spezifikationen für NTN-Endgeräte.
  • Für sachgerechte UE-Tests ist ein Systemsimulator erforderlich, der Protokolltests unterstützt.
  • Eine notwendige Funktion von NTN-Terminals ist die Positionsbestimmung auf GNSS-Grundlage; ein dem Messaufbau hinzugefügter Signalgenerator ermöglicht entsprechende Endgerätetests.
  • In einem NTN-Konformitätstestsystem unterstützen ein zusätzlicher Signalgenerator und Signalsimulator erweiterte Szenarien, die Tests auf Koexistenz- und Spektrumemissionen abdecken.

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