Zweikanalmessung von Range Gate Pull-off Jamming

Mit dem R&S®RTP High-Performance-Oszilloskope und der Option R&S®VSE-K6A Phased-Array-Antennenmessung

Der Störsender steigert sukzessive die Leistung des Störüberlagerungspulses, um die automatische Verstärkungsregelung (Automatic Gain Control, AGC) zu kapern.
Der Störsender steigert sukzessive die Leistung des Störüberlagerungspulses, um die automatische Verstärkungsregelung (Automatic Gain Control, AGC) zu kapern.
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Ihre Anforderung

Beim Jamming wird das Leistungsverhältnis eines Störsenders im Vergleich zu einem angegriffenen Radar erhöht. Deceptive Jamming ist eine verbesserte Variante, bei der folgendermaßen vorgegangen wird, um das Störsignal-Nutzsignal-Verhältnis (Jamming to Signal, J/S) bei einem angegriffenen Radar sukzessive bis unendlich zu erhöhen. Zuerst wird das Entfernungs- bzw. Geschwindigkeitsfenster (oder beide) gekapert, indem die Leistung des Störpulses sukzessive auf einen Wert gesteigert wird, der höher ist als das vom angegriffenen Radar gemessene Zielobjektecho. Auf diese Weise passt das Radar seine automatische Verstärkungsregelung an den Leistungspegel der Störpulse, auch Cover-Pulse genannt, an.

Erhöht der Störsender nach und nach die Verzögerung der Cover-Pulse, um das Radar auf ein späteres Entfernungsfenster zu ziehen, wird J/S unendlich.
Erhöht der Störsender nach und nach die Verzögerung der Cover-Pulse, um das Radar auf ein späteres Entfernungsfenster zu ziehen, wird J/S unendlich.
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Nachdem er die AGC gekapert hat, beginnt der Störsender damit, die Frequenz und Verzögerung der Störpulse zu ändern, damit sich die eigene Entfernung und Geschwindigkeit (Doppler) von jenen des Störflugzeugs unterscheiden. Da das angegriffene Radar von den Entfernungs- und Geschwindigkeitsfenstern des Störflugzeugs „wegwandert“, wird J/S unendlich, da das angegriffene Radar kein Zielobjektecho mehr vom Störflugzeug misst. Man sieht dies anhand der J/S-Gleichung für ein „Deceptive, Selfprotection Jamming against Coherent Radar“, abgeleitet von Neri1):

J/S-Gleichung für ein „Deceptive, Selfprotection Jamming against Coherent Radar“

Während Pj und Gj für Leistung und Verstärkung des Störsenders stehen, repräsentieren Pt,r und Gr die Sendeleistung und Verstärkung des angegriffenen Radars, σ ist der Radarquerschnitt (RCS) des Störflugzeugs und R ist die Entfernung zwischen Störsender und angegriffenem Radar. Da das angegriffene Radar in ein Entfernungs- oder Doppler-Fenster gezogen wird, das sich vom Störflugzeug unterscheidet, sinkt der Radarquerschnitt auf Null. Somit strebt der Nenner der Gleichung ebenfalls gegen Null, sodass J/S unendlich wird.

Die Verifizierung von Deceptive-Jamming-Techniken bei HF erfordert einen Zweikanal-Messempfänger sowohl für die Leistung als auch für die Zeit. Der erste Kanal misst das angegriffene Radar, das während der Tests üblicherweise von einem Signalgenerator simuliert wird. Der zweite Kanal misst die Störtechnik. Korrelationsmessungen über beide Kanäle zeigen, wann J/S erreicht wurde und wann es unendlich wird.

Messaufbau
Messaufbau
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Lösung von Rohde & Schwarz

Ein Oszilloskop ist der ideale Empfänger für eine Zweikanal-Vergleichsmessung und Goldstandard für Messungen in Bezug auf das Zeitverhalten. Der Messaufbau besteht aus einem R&S®SMW200A Vektorsignalgenerator, um das angegriffene Radar zu simulieren und eine Störantwort im Störsender zu induzieren, sowie aus einem R&S®RTP High-Performance-Oszilloskop, um das angegriffene Radar und das Störantwortverhalten zu messen und zu vergleichen. Die Messungen lassen sich mit der Oszilloskopapplikation in Kombination mit der R&S®VSE Vector Signal Explorer Software, auf der die Option R&S®VSE-K6A Phased-Array-Antennenmessung ausgeführt wird, realisieren.

RGPO-Messung mit Oszilloskop: Die Korrelationsfunktion misst die Verzögerung zwischen der Störtechnik und dem angegriffenen Radar. Sobald die Verzögerung das Entfernungsintervall des Störflugzeugs überschreitet, wird J/S unendlich.
RGPO-Messung mit Oszilloskop: Die Korrelationsfunktion misst die Verzögerung zwischen der Störtechnik und dem angegriffenen Radar. Sobald die Verzögerung das Entfernungsintervall des Störflugzeugs überschreitet, wird J/S unendlich.
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Um Range Gate Pull-off (RGPO) mit der normalen Oszilloskopapplikation zu messen, triggern Sie beide Kanäle auf den ersten Puls des angegriffenen Radars (die Triggerkonfiguration wird weiter unten erklärt). Erweitern Sie die Zeitbasis des Oszilloskops, um das gesamte Ausmaß des Pull-off einzuschließen. Anders gesagt: Wenn der gesamte Pull-off gegenüber dem angegriffenen Radar 50 μs beträgt, wählen Sie 50 μs als Zeitbasis. Wenden Sie die Funktion zur schnellen Segmentierung mit einer ausreichenden Anzahl an Segmenten an, um die Technik zu erfassen und diese anschließend mithilfe der History-Funktion zu überprüfen. Mit einer zusätzlichen, kanalübergreifenden Korrelationsmessung lässt sich der Zeitversatz zwischen jedem Puls zu jedem Zeitpunkt präzise identifizieren.

HF-Pulse können auch mit der R&S®VSE Vector Signal Explorer Software in Kombination mit der Option R&S®VSE-K6A Phased-Array-Antennenmessung gemessen werden. In der Software und in der Option sind Pulsmessungen einschließlich Pulsbreite, Pulsamplitude, Pulswiederholintervall und Pulsfrequenz integriert. Es ist nicht immer ganz einfach, diese in der normalen Oszilloskopapplikation zu konfigurieren. Bei der gleichzeitigen Messung von zwei HF-Kanälen, wie es bei der RGPO-Messung der Fall ist, können Ingenieure für elektronische Kampfführung mithilfe der Option R&S®VSE-K6A Jamming-Technik-Messungen automatisieren und deren präzises relatives Zeitverhalten und die Amplitude in Erfahrung bringen.

Messen Sie RGPO, indem Sie einen Pulsmesskanal an der R&S®VSE aktivieren und diesen mit dem R&S®RTP High-Performance-Oszilloskop verbinden. Konfigurieren Sie zunächst die Triggerung auf den Puls des angegriffenen Radars. Setzen Sie im Triggermenü den R&S®VSE-Trigger auf „Manual“.

Stellen Sie sicher, dass „Display Update“ unter „Info & Settings“ im R&S®VSE Gerätefenster aktiv ist.

Drücken Sie an der Frontplatte des Oszilloskops oder in der Browser-VPN-Verbindung auf „Local“.

Drücken Sie an der Frontplatte des Oszilloskops oder in der Browser-VPN-Verbindung auf „Local“.

Setzen Sie am Oszilloskop einen Flankentrigger im Oszilloskopkanal, der das angegriffene Radar misst.

Setzen Sie am Oszilloskop einen Flankentrigger im Oszilloskopkanal, der das angegriffene Radar misst. In diesem Beispiel wird Kanal 1 verwendet. Stellen Sie sicher, dass der Triggerpegel mit ausreichend Abstand zum Grundrauschen des Oszilloskops gesetzt ist, um zu verhindern, dass eine Messung durch Rauschen getriggert wird.

Fügen Sie ein „Holdoff“ zum Flankentrigger hinzu, das geringfügig länger ist als der Puls angegriffenen Radars.

Fügen Sie ein „Holdoff“ zum Flankentrigger hinzu, das geringfügig länger ist als der Puls angegriffenen Radars. In diesem Fall beträgt die Pulsdauer des angegriffenen Radars 10 μs. Setzen Sie schließlich den Triggermodus auf „Normal“, sodass das Messgerät eine Messkurve oder einen Satz von Messkurvensegmenten erfasst, wenn alle Triggerbedingungen erfüllt sind.

Kehren Sie zur R&S®VSE zurück und konfigurieren Sie den Datenerfassungsfilter und die Abtastrate. Nutzen Sie für die Messung von Pulsleistung und Modulation den „Flat acquisition filter“ anstelle des Gauß-Filters, da die Pulse bereits eigengewichtet sind und der Gauß-Filter das Modulationsspektrum verzerrt. Stellen Sie dies unter Meas Setup ▷ Data Acquisition ▷ Filter Type ein. Passen Sie die Abtastrate an die Modulationsbandbreite an, falls Modulation-on-Pulse gemessen wird. Beachten Sie, dass die Vergrößerung der Messbandbreite ebenso die Rauschbandbreite erhöht und das Messsignal/Rauschverhältnis (SNR) verschlechtert. Durch Erhöhung der Signalleistung lässt sich dies verbessern.

Trigger - Segmentierte Erfassung

Konfigurieren Sie jetzt die segmentierte Erfassung. Wählen Sie das Segment ähnlich wie bei der normalen Oszilloskopapplikation lang genug, um das gesamte „Wegwandern“ relativ zum Triggerpuls des angegriffenen Radars zu erfassen.

Konfigurieren Sie die Anzeigen

Konfigurieren Sie im folgenden Schritt die Anzeigen. Klicken Sie auf die Anzeige „Pulse Magnitude“ und konfigurieren Sie den Ergebnisbereich, sodass der Referenzpunkt und der Ergebnisbereich „Rise“ und die Länge 50 μs, d. h. der Segmentlänge, entspricht.

Fügen Sie mit Kanal 3 eine zweite Messkurve zu „Pulse Magnitude“ hinzu:

Schließen Sie diesen Dialog und fügen Sie mit Kanal 3 eine zweite Messkurve zu „Pulse Magnitude“ hinzu: Damit sehen wir das gesamte Segment und beobachten das Wegwandern des Störpulses relativ zum Puls des angegriffenen Radars.

Klicken Sie auf die Tabelle „Pulse Results“ und konfigurieren Sie diese im Reiter „Table Config“.

Klicken Sie als Nächstes auf die Tabelle „Pulse Results“ und konfigurieren Sie diese im Reiter „Table Config“. Aktivieren Sie die Spalte „Timing“, sodass die Zeitdifferenz zwischen angegriffenem Radar und Störpulsen in der Tabelle „Pulse Results“ angezeigt wird und im folgenden Schritt nachverarbeitet werden kann.

Das Beispiel zeigt Segment 52 der Oszilloskopkanäle 1 und 3. In der Anzeige „Pulse Magnitude“ (unten) wird der Puls des angegriffenen Radars (gelb) und der Störpuls (blau) dargestellt.

Klicken Sie zum Abschluss auf die Schaltfläche „Capture“ und warten Sie darauf, dass das angegriffene Radar das Oszilloskop triggert, um Segmente zu erfassen.

Nach der Erfassung zeigen die weiter unten dargestellten Pulsmessungen die erfassten Segmente. Jedes Segment kann durch Scrollen in der Tabelle „Pulse Results“ (oben rechts) betrachtet werden. Das Beispiel zeigt Segment 52 der Oszilloskopkanäle 1 und 3. In der Anzeige „Pulse Magnitude“ (unten) wird der Puls des angegriffenen Radars (gelb) und der Störpuls (blau) dargestellt. Der Störpuls weist eine größere Leistung und eine Verzögerung gegenüber dem angegriffenen Radar auf.

RGPO-Messungen lassen sich automatisieren.

RGPO-Messungen lassen sich automatisieren, indem man die Daten in eine Tabellenkalkulation exportiert und eine Visual-Basic-Subroutine aufruft, die die Differenz in Bezug auf die Zeitstempel oder Pulsamplituden zwischen Pulsen in Kanälen 1 und 3 berechnet.

Die Ergebnisse werden in der RGPO-Spalte dargestellt.

Die Ergebnisse werden in der RGPO-Spalte dargestellt. Mit dem gleichen Code lässt sich die Amplituden- oder Frequenzdifferenz zwischen dem angegriffenen Radar und dem Störsender berechnen.

Fazit

Die R&S®VSE-K6A Phased-Array-Messapplikation zeichnet sich durch integrierte Mehrkanal-HF-Pulsmessungen bis zu 16 GHz in Kombination mit dem R&S®RTP High-Performance-Oszilloskop aus. Sie ist ein leistungsstarkes Werkzeug für die Analyse von Deceptive-Jamming-Techniken wie Range Gate Pull-off sowie für die Automatisierung von Jammer-Tests.

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