Typen von Oszilloskop-Tastköpfen

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Typen von Oszilloskop-Tastköpfen

Angesichts der großen Vielfalt heute erhältlicher Tastköpfe ist nicht unbedingt einfach, das für eine bestimmte Anwendung am besten geeignete Modell zu finden. In diesem Artikel befassen wir uns mit den vier wichtigsten Tastkopftypen – passiven und aktiven Tastköpfen, differenziellen Tastköpfen und Stromzangen – und erläutern ihre jeweiligen Eigenschaften. Lesen Sie weiter, um zu erfahren, welcher Tastkopf für Ihre Messungen der richtige ist!

Passive Tastköpfe

Passive Tastköpfe zeichnen sich durch ihre Schlichtheit sowie den Verzicht auf aktive Komponenten aus. Diese Tastköpfe benötigen keine externe Stromversorgung und sind bei den meisten Oszilloskopen im Lieferumfang enthalten. Passive Tastköpfe unterschiedlicher Modelle und Hersteller sind häufig austauschbar. Sie sind nicht nur preiswert und robust, sondern auch benutzerfreundlich, da keine komplizierte Konfiguration erforderlich ist. Die einfache Handhabung macht sie zur ersten Wahl für grundlegende Spannungsmessungen – Sie schließen nur den Tastkopf an das Oszilloskop an, bringen das Massekabel an und können sofort loslegen.

R&S®RT-ZP10 Passiver Tastkopf

R&S®RT-ZP10 Passiver Tastkopf

Hauptmerkmale

  • Bandbreite: bis zu 500 MHz
  • Dynamikbereich: bis zu 1000 V (eff.)
  • Allrounder für den universellen Einsatz
  • Umfangreiches Zubehör zur optimalen Kontaktierung

Bevor Sie mit einem passiven Tastkopf messen, sollten Sie eine Kompensation durchführen. Bei dieser Tastkopfkompensation handelt es sich um ein Kalibrierverfahren, mit dem das Verhältnis der Kapazitäten innerhalb des Tastkopfs und des Oszilloskop-Eingangs abgestimmt wird. Erfolgt keine Kompensation, drohen Messungenauigkeiten, die sich auf Parameter wie Amplitude und Pulsform auswirken können. Daher ist es unerlässlich, eine Tastkopfkompensation vorzunehmen, wenn eine Kombination aus Tastkopf und Oszilloskop erstmalig verwendet wird oder kritische Messungen anstehen.

Glücklicherweise ist das Kompensationsverfahren unkompliziert:

  • Verbinden Sie den Tastkopf mit dem integrierten Kompensationssignal des Oszilloskops sowie Masse.
  • Passen Sie den Kompensationskondensator an, bis das Signal eine rechteckige Wellenform annimmt.

Dadurch wird sichergestellt, dass der Tastkopf die Eigenschaften des Eingangssignals genau wiedergibt, sodass präzise und zuverlässige Messungen möglich sind.

Beispiele für Tastkopfkompensation

Sie möchten mehr erfahren? Dann werfen Sie einen Blick in die weiterführenden Artikel Passive Oszilloskop-Tastköpfe verstehen und Tastkopfkompensation verstehen.

Aktive Tastköpfe – massebezogene FET-Tastköpfe

Wie der Name schon sagt, enthält ein aktiver Tastkopf aktive, also mit Strom versorgte, Komponenten in der Prüfspitze. Die aktive Komponente ist in der Regel ein Feldeffekttransistor (FET). Ein entscheidender Vorteil aktiver Tastköpfe ist eine minimale Belastung des Messpunkts über einen weiten Frequenzbereich – dank der geringen Eingangskapazität, die sich in einer hohen Eingangsimpedanz niederschlägt. So können genaue Messungen durchgeführt werden, ohne die beobachtete Schaltung stark zu beeinflussen.

Darüber hinaus bieten aktive Tastköpfe einen hohen Eingangsoffset. Mit anderen Worten kann ein aktiver Tastkopf Signale verarbeiten, die nicht um null Volt zentriert sind. Diese Funktion ist praktisch, wenn Sie mit Signalen arbeiten, die einen Gleichstrom-(DC)-Anteil enthalten oder gegen Null versetzt sein könnten.

Aktive Tastköpfe sind meistens mit einem proprietären Anschluss ausgestattet, der es einem Oszilloskop erlaubt, den Tastkopf automatisch zu erkennen und zu kalibrieren. Die Stromversorgung kann über diese Spezialschnittstelle oder extern erfolgen. Beachten Sie, dass die meisten aktiven Tastköpfe die Einstellung eines 50 Ohm-Abschlusswiderstands am Oszilloskopkanal erfordern.

R&S®RT-ZS20 Massebezogener FET-Tastkopf

R&S®RT-ZS20 Massebezogener FET-Tastkopf

Hauptmerkmale

  • Bandbreite: 1 GHz bis 6 GHz
  • Hohe Eingangsimpedanz: 1 MΩ
  • Niedrige Eingangskapazität: weniger als 1 pF
  • Sehr geringe Erhöhung des Rauschpegels
  • Integrierter, hochpräziser DC-Spannungsmesser (nicht für alle Modelle verfügbar)

Differenzielle Oszilloskop-Tastköpfe

Differenzielle Tastköpfe dienen zur Messung der Spannungsdifferenz zwischen zwei Punkten einer Schaltung. Sie verfügen über zwei Eingänge, die mit verschiedenen Punkten der Schaltung verbunden werden können. Ein Massebezug wird an keinem der beiden Punkte benötigt. Mit einem internen Differenzverstärker erzeugen diese Tastköpfe eine Ausgangsspannung, die der Differenz zwischen den ausgewählten Messpunkten entspricht und oft mit einem benutzerdefinierten Teilerverhältnis skaliert werden kann.

Schematische Darstellung eines differenziellen Oszilloskop-Tastkopfs

Ein wichtiges Merkmal von differenziellen Tastköpfen ist ihre Störfestigkeit gegenüber Gleichtaktsignalen, also Signalen, die gleichzeitig an beiden Messpunkten anliegen. Dadurch eignen sie sich hervorragend zum Messen schwacher Signale in verrauschter Umgebung. Sie können auch für massebezogene Messungen verwendet werden, indem einfach eine der Leitungen mit Masse verbunden wird.

R&S®RT-ZD003 Differenzieller Tastkopf

R&S®RT-ZD003 Differenzieller Tastkopf

Hauptmerkmale

  • Bandbreite: 200 MHz bis 4,5 GHz
  • Eingangsimpedanz: bis zu 1 MΩ
  • Niedrige Eingangskapazität: weniger als 1 pF
  • Sehr geringe Erhöhung des Rauschpegels
  • Integrierter, hochpräziser DC-Spannungsmesser (nicht für alle Modelle verfügbar)

Stromzangen

Alle bisher besprochenen Tastköpfe – passive, aktive und differenzielle – erzeugen eine Spannung am Oszilloskop-Eingang. Dies erklärt sich aus dem Umstand, dass Oszilloskope die Spannung als Funktion der Zeit messen. Wie aber lässt sich die Stromstärke messen? Hierfür muss eine Spannung erzeugt werden, die konsistent und berechenbar einem Strom entspricht. Mit anderen Worten muss eine gemessene Spannung in einen Stromwert „konvertiert“ werden. Beispielsweise könnte 1 V am Oszilloskop-Eingang bedeuten, dass der gemessene Strom 1 A beträgt.

Eine Stromzange übernimmt diese Umwandlung. Sie erfasst das elektromagnetische Feld, das von dem durch den Leiter fließenden Strom erzeugt wird, und wandelt diesen mit Hilfe des bekannten Volt/Ampere-Werts in Spannung um. Solche Stromzangen werden um den stromführenden Leiter herum positioniert oder „geklemmt“. Eine Pfeilmarkierung gibt dabei die Richtung des Stromflusses an.

Die meisten Stromzangen sind aktive Geräte, das heißt, sie benötigen eine externe Stromquelle zum Betrieb. Während alle Stromzangen Wechselströme erfassen und messen können, sind manche auch in der Lage, Gleichstrom zu messen. Wechselstrommessungen basieren auf einem Stromwandler. Bei Gleichstrommessungen – oder Wechselstrommessungen mit sehr niedriger Frequenz – wird dagegen ein Hall-Effekt-Sensor eingesetzt.

Normale Stromzangen können meist keine großen Ströme verarbeiten. Hier kommen die Hochstromzangen ins Spiel. Diese Tastköpfe zeichnen sich durch eine spezielle Struktur aus, die es ihnen ermöglicht, hohe Ströme mit geringem Widerstand zu messen. Sie verwenden häufig spezielle Sensoren, um das durch den Stromfluss erzeugte Magnetfeld zu messen. Dies ermöglicht eine berührungslose Messung, was beim Umgang mit hohen Strömen von größer Bedeutung ist. Darüber hinaus bieten Hochstromzangen im Allgemeinen eine höhere Genauigkeit und Auflösung als gewöhnliche Stromzangen. Dies ist notwendig für Anwendungen wie Leistungselektronik und Energiesysteme, wo kleine Änderungen des Stroms erhebliche Auswirkungen haben können.

R&S®RT-ZC20B Stromzange

R&S®RT-ZC20B Stromzange

Hauptmerkmale

  • Nicht invasive DC- und AC-Messungen
  • Stromstärkebereich von mA bis 2000 A
  • Bis zu 120 MHz Bandbreite
  • Robustes Design und einfache Bedienung

Stromzangen werden häufig für Leistungsmessungen verwendet, bei denen sowohl die Spannung als auch der Strom benötigt werden. In manchen Fällen können Probleme wie zeitliche Abweichungen oder „Skew“ aufgrund von Laufzeitdifferenzen innerhalb der Tastkopfleitungen entstehen. Solche Abweichungen können zu ungenauen Leistungsmessergebnissen führen.

Laufzeitkalibriereinheiten schaffen hier Abhilfe. Sie dienen als Spezialwerkzeuge zum Erkennen und Ausgleichen von Laufzeitdifferenzen. Diese Einheiten erzeugen zeitlich abgestimmte Spannungs- und Stromimpulse, die gleichzeitig von einer Stromzange und einem Spannungstastkopf gemessen werden. Wenn die Testwellenformen einen Offset zeigen, kann ein geeigneter Korrekturwert am Oszilloskop eingegeben werden. Diese Korrektur stellt sicher, dass die Strom- und Spannungswellenformen wieder in Phase gebracht werden, wodurch die Auswirkung des Offsets auf nachfolgende Messungen reduziert und die Genauigkeit der Leistungsberechnung sichergestellt wird.

Vor und nach der Laufzeitkorrektur für eine Stromzange

Fazit

  • Passive Tastköpfe sind kostengünstig, robust und benutzerfreundlich. Sie sind bei den meisten Oszilloskopen im Lieferumfang enthalten und eignen sich hervorragend für grundlegende Spannungsmessungen. Es ist wichtig, passive Tastköpfe vor dem Messen zu kompensieren.
  • Aktive Tastköpfe enthalten in der Tastspitze aktive, also mit Strom versorgte, Komponenten. Ihr entscheidender Vorteil ist eine minimale Belastung des Messpunkts über einen weiten Frequenzbereich – sie ermöglichen daher genauere Messungen. Sie verfügen außerdem über einen hohen Eingangsoffset, der beim Umgang mit Signalen mit einem Gleichspannungsanteil oder einer Grundlinie ungleich null nützlich ist.
  • Differenzielle Tastköpfe messen die Spannungsdifferenz zwischen zwei Punkten einer Schaltung. Sie sind für Gleichtaktsignale immun und eignen sich daher optimal für die Messung schwacher Signale in verrauschter Umgebung.
  • Stromzangen wandeln eine gemessene Spannung in einen Stromwert um und werden häufig für Leistungsmessungen verwendet, bei denen sowohl die Spannung als auch der Strom benötigt werden. Unter Umständen ist eine Laufzeitkalibriereinheit erforderlich, um einen Zeitversatz oder „Skew“ auszugleichen, der aufgrund von Laufzeitdifferenzen innerhalb der Tastkopfleitungen entstehen kann.

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